Der Zukunft zugewandt

Fördern, bewahren, verbinden: Die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten stellen sich mit ihren Projekten in den Dienst kommender Generationen. Aber der Verein, der in diesem September sein 40-jähriges Bestehen feierte, befasst sich auch mit der eigenen Ausrichtung auf die Zukunft.

DAS WEINLAUB AN DEN TERRASSEN VON SCHLOSS SANSSOUCI färbtsichlangsam bunt, ebenso das Laubdach des weitläufigen Landschaftsparks. Bald werden die hoch aufragenden Palmen und anderen Exoten, die dem einmaligen Ensemble aus Natur, Architektur und Kunst seinen mediterranen Charakter verleihen, in die Pflanzenhallen des Orangerieschlosses umziehen. Seit ihrer Wiederherstellung vor rund 30 Jahren werden sie wieder als Winterquartier für die Kübelpflanzen von Park Sanssouci genutzt.


Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. ließ das Orangerieschloss zwischen 1851 und 1864 nach eigenen Skizzen im Stil der italienischen Renaissance erbauen. Neben den beiden imposanten, mehr als 100 Meter langen Pflanzenhallen zeichnet sich das jüngste und größte Schloss der Anlage Sanssouci durch seine umfangreiche Gemäldesammlung mit Kopien der Meisterwerke Raffaels und kostbar eingerichtete Wohnräume für den König von Preußen und seine Gäste aus. Doch an diesen Räumen nagt der Zahn der Zeit: Stuckornamente, Parkettböden, Leuchten und Uhren sind in vielen Fällen restaurierungsbedürftig, genau wie ein Großteil der Möbel. Dass die erforderlichen Arbeiten zeitnah und von Spezialisten ausgeführt werden können, ist ein Verdienst des Vereins der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten.

„WIR HABEN DIE SANIERUNG DES ORANGERIESCHLOSSES im vergangenen Jahr zu unserem Hauptprojekt gemacht“, sagt Dr. h.c. Barbara Schneider-Kempf. 2019 wurde die ehemalige Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz als erste Frau in der Vereinsgeschichte zur Vorsitzenden des Vorstandes bestellt. Er setzt in Abstimmung mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Förderprojekte auf und treibt deren Finanzierung voran. Für die Orangerie wurde ein Budget von 447 000 Euro aufgerufen, wobei allein die Sanierung der Decke des Malachitzimmers mit ihren vergoldeten Stuckelementen auf 145000 Euro beziffert wird. „Der Finanzierungsstatus des Projekts beträgt 100 Prozent“, stellt Barbara Schneider-Kempf sachlich fest, doch die Freude darüber, das Orangerieschloss bald wieder für Besucherinnen öffnen zu können, schwingt hörbar mit.


Die Orangerie ist nur eines der Projekte der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten. In den vergangenen Jahren haben sie sich verschiedenster Themen angenommen. So lag 2021 der Fokus auf den Römischen Bädern, ebenfalls einem Bauprojekt Friedrich Wilhelms IV. Der Gebäudekomplex gehört zum Schloss Charlottenhof, das er während seiner Zeit als Kronprinz als Sommerresidenz bei Potsdam errichten ließ. Auch der Ankauf einer Bibliothek und die Beweidung von Parkrasenflächen durch Schafe wurden durch das Engagement des Vereins möglich. Es bezieht sich nicht nur auf Sanssouci, sondern kommt grundsätzlich jeder der rund 30 Schloss- und Gartenanlagen der Preußendynastie in Berlin und Brandenburg zugute.

SEINEN ANFANG NAHM DER VEREIN 1983, als 33 Kulturengagierte ein Gemälde von Antoine Watteau vor dem Verkauf bewahrten: „Einschiffung nach Cythera“ aus dem Spätwerk des schon zu Lebzeiten gefeierten Künstlers. Das Werk ist heute in der Dauerausstellung des Schlosses Charlottenburg zu sehen – was zeigt, welch nachhaltigen Erfolg die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten mit ihren Projekten erzielen. Und die Begeisterung für dieses UNESCO-Welterbe ist ungebrochen: Heute zählt der Verein mehr als 1300 Mitglieder, allein im Jahr 2022 kamen 150 neue hinzu. Neben der Projektarbeit bietet der Verein das ganze Jahr hindurch bei Vorträgen, Besichtigungen und Exkursionen die Gelegenheit, die persönlichen Kenntnisse über die Schlösser und Gärten zu vertiefen. Was Barbara Schneider-Kempf besonders freut, ist das Interesse junger Menschen an dem Verein. Und das, sagt die Vorsitzende des Vorstandes, könnte durchaus etwas mit den „fritzen“ zu tun haben: „Die ‚fritzen‘ sind die jungen Freunde – eine Initiative von und für Jugendliche und Erwachsene zwischen 18 und 35 Jahren mit einem eigenen Angebot an Führungen und anderen Veranstaltungen, die den Blick für zeitgemäßes Mäzenatentum schärfen.“


Zeitgemäßes Mäzenatentum – das bedeute auch, wichtige Themen jenseits von Ankäufen und Restaurierungen zu benennen und daraus Projekte zu entwickeln, sagt Barbara Schneider-Kempf. So wie das Jahresprojekt 2023, „Gemeinsam für eine grüne Zukunft“, das den Baumbestand, der ebenfalls zu den historischen Zeugnissen gehört, in den Mittelpunkt stellt. „Wenn wir die Gartenanlagen der preußischen Schlösser für die nächsten Generationen erhalten wollen, müssen wir uns mit dem Klimawandel auseinandersetzen.“ Rund 800 000 Altbäume wachsen in den Parks, viele von ihnen sind gefährdet oder gelten bereits als verloren. Besonders das Dürrejahr 2018 habe dem Baumbestand schwer zugesetzt. „Man könnte nun sagen: ‚Dann pflanzt doch einfach neue Bäume.‘ Aber so einfach ist das nicht.“ Denn die vergangenen Jahre haben gezeigt: Viele Setzlinge gedeihen nicht sonderlich gut in den sandigen Böden Berlins und Brandenburgs.

UM DEM AUF DEN GRUND ZU GEHEN und eine Lösung zu finden, habe man das Baumprojekt initiiert. 70 Prozent der veranschlagten Kosten von 130 000 Euro seien bereits finanziert, so Barbara Schneider-Kempf. Wie sie das sagt, klingt es wie eine kleine Kampfansage an Starkregen, Dürre und Co. Und wer sich mit dem Konzept befasst, kann diesen Eindruck nur bestätigen: Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit von Forschungsinstituten wie dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Biotechnologie in Potsdam, von Hydrologen und Geoforscherinnen der Universität Potsdam sowie dem Fraunhofer-Institut sind in das Konzept eingeflossen. „Zudem stehen Dr. Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, und Gartendirektor Michael Rohde in ständigem Austausch mit anderen Gartenverwaltungen, um gemeinsam zukunftsfähige Maßnahmen zu entwickeln.“


Die erste Maßnahme befindet sich bereits in der Umsetzung – eigene Baumschulen. Pilot hierfür ist der Potsdamer Park Sanssouci, und was so einfach klingt, könnte zukunftsweisend sein. „Es wurde festgestellt, dass Abkömmlinge der hier wachsenden Bäume sich deutlich widerstandsfähiger und anpassungsfähiger zeigen als Setzlinge aus externen Baumschulen.“ Die erste Baumschule der preußischen Schlösser und Gärten wird derzeit auf der Wiese am Ruinenberg angelegt, vis-à-vis zu den Kolonnaden von Schloss Sanssouci. 2024 und 2025 sollen nahe dem Normannischen Turm unter Leitung von Parkrevierleiter Sven Hannemann die ersten Setzlinge eingebracht und gut fünf Jahre lang gehegt und gepflegt werden – bis sie nach dem Auspflanzen an ihren Bestimmungsort kommen.

DAS SEI EINE SEHR GUTE NACHRICHT FÜR PARK SANSSOUCI und besonders für den Buchenbestand, dem der Klimawandel am stärksten zusetze, sagt Barbara Schneider-Kempf. Und ein Anfang für den Erhalt der anderen Parkanlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Die Freunde machen’s möglich.

Text: Sintje Wilms
Foto: © Nicole Krüger
Datum: November 2023

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