Zu jung für ein Testament?

Gut zu wissen
Oktober 2018

 

Autor: Christoph Drießle
Christoph Drießle ist Direktor und Leiter Privatkunden bei der Weberbank. Die Schwerpunkte des gelernten Bankkaufmanns, diplomierten Bankbetriebswirts und seit 2007 zertifizierten Estate Planner liegen bei der umfassenden Beratung komplexer Familienvermögen und der Begleitung der Vermögensnachfolge.

WENN ES UM VERMÖGEN GEHT, beschäftigen sich die meisten mit dem Aufbau und der Anlage ihrer Werte. Der ein oder andere wagt auch den Blick in die Zukunft, um sich im Alter abgesichert zu wissen. Was vielen jedoch schwerfällt, ist die eigene Planung der Vermögensnachfolge. Ein Tabuthema, das nur in wenigen Familien besprochen wird. Auf Fragen wie „Was passiert eigentlich mit Ihrem Vermögen?“ und „Ist das in Ihrem Sinn?“ haben die Vermögensinhaber nur in den seltensten Fällen eine Antwort.

Vier Motive begegnen uns in der Praxis immerwieder:

Streitvermeidung
Schlechte Erfahrungen im unmittelbaren Familienkreis führen zu der Entscheidung, dass es beim eigenen Vermögen anders laufen soll und dass der Erblasser Regelungen zu Lebzeiten trifft.

Komplexe Vermögensstrukturen
Eine klare Zuordnung und eine detaillierte Liquiditätsplanung sind notwendig, damit die Nachfolger handlungsfähig bleiben und Unternehmen weiterexistieren können.

Finanzielle Unabhängigkeit sichern
Eine ausreichende finanzielle Versorgung in der dritten Lebensphase spielt eine große Rolle. Reicht das Geld für die Traumreisen? Was kostet ein würdevolles Leben im Alter?

Steuerliche Aspekte
Zu Lebzeiten können durch Schenkungen Freibeträge an Ehepartner, Kinder und Enkelkinder genutzt werden. Ebenso gibt es eine besondere Regelung beim eigengenutzten Familienheim.

Im ersten Schritt gilt es, alle Vermögenswerte zusammenzustellen, Guthaben, Depots, Immobilien, Beteiligungen, Unternehmen, Versicherungen und Rentenansprüche. Sobald der Status quo ermittelt ist, erhält der Vermögensinhaber einen ersten Eindruck, welche Auswirkungen seine bisher getroffenen Regelungen oder auch die Nichtregelung haben.

Im zweiten Schritt geht es in die intensive Diskussion, welche Wünsche und Ziele bei der Vermögensnachfolge beachtet werden sollen. In dieser Phase ist dann zusätzlich das Know-how eines Notars und Steuerberaters gefragt. Hier initiieren wir den Dialog mit ausgewählten Spezialisten für die unterschiedlichen Vermögenssituationen. Sobald die Szenarien besprochen sind, eine Liquiditätsplanung für die endgültige Regelung erstellt ist, geht es an die Umsetzung. Ob ein handschriftliches oder nota rielles Testament, eine beglaubigte Vorsorgevollmacht oder eine notarielle Generalvollmacht besser ist, hängt von der individuellen Situation unserer Kunden ab.

Viele Menschen, die wir beraten, haben keine unmittelbaren Nachfahren. Für sie stellt sich häufig die Frage: Wer kümmert sich um mich und um mein Vermögen, was passiert damit? Auch hier gibt es Lösungen, die diese Ungewissheit nehmen. Auf die Vorsorge spezialisierte Anwälte besprechen hierbei ihre Wünsche und legen diese schriftlich fest. Sofern sie keine Entscheidungen mehr treffen können, steht ihnen der Vorsorgeanwalt zur Seite. Wenn es um die Sicherung des Nachlasses geht, ist gegebenenfalls der Einsatz eines Testamentsvollstreckers ratsam. Bei der Verteilung des Vermögens denken unsere Kunden im Vorfeld an die Unterstützung oder auch Gründung einer Stiftung nach.

Ist dann alles geregelt, erleben wir sehr oft eine sichtliche Erleichterung, sich dem Thema erfolgreich gestellt zu haben.

Aber denken Sie daran, die Regelung ist für morgen gut, sollte aber regelmäßig überprüft werden. Unser Tipp: die Fußball-WM. Alle vier Jahre überprüfen Sie vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-WM Ihr Testament! Und zu guter Letzt: Es ist keine Frage des Alters, ob Sie ein Testament brauchen, maßgeblich sind Ihre Wünsche und Ihre familiäre Situation.

i