Klaus Siegers
Sie ist die Privatbank der Hauptstadt, eine Institution im Wirtschaftsraum Berlin – die Weberbank. Klaus Siegers, Vorsitzender des Vorstandes, im Gespräch über Werte und bürgerliches Engagement, Herausforderungen und Chancen. So viel ist klar: Die Mission Zukunft hat bereits begonnen.
Herr Siegers, die Weberbank wird nächstes Jahr 75 Jahre alt. Wie hat sich die Bank in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt, und welche Pläne hat sie für die Zukunft?
Ein Dreivierteljahrhundert Weberbank, Privatbank für und in Berlin, das ist eine Zeitspanne, in der extrem viel passiert ist, in Berlin und auch in der Weberbank. Wir sind ja 1949 visionär von Hans Weber als Privatbank für jedermann gegründet worden, und Hans Weber hat uns seine Fokussierung auf den Kapitalmarkt als genetischen Fingerabdruck hinterlassen. Er war der erste Börsenpräsident nach dem Zweiten Weltkrieg hier in Berlin. Das Kapitalmarktgeschäft, insbesondere das Thema Vermögensverwaltung, ist das, was die Weberbank heute auszeichnet und in den vergangenen 20 Jahren auch das Kerngebiet und der Schwerpunkt unserer Entwicklung war. Darüber hinaus sind um dieses Thema – unabhängige Vermögensverwaltung, Kapitalmarkt – eben die Themen gewachsen, die unsere Kundinnen und Kunden heute besonders bewegen und interessieren. Es hängt auch mit der demografischen Entwicklung zusammen, dass Themen wie Vermögenserhalt, korrekte und steuerlich optimierte Weitergabe von Vermögen in die nächste Generation sowie Fragen nach Assetklassen, bei denen größte und kontinuierlichste Chancen auf Werterhalt und Zuwachs zu erwarten sind, verstärkt in den Fokus gerückt sind.
Das hört sich sehr gut an, aber wie wird die Weberbank sicherstellen, dass sie in Zukunft auch wettbewerbsfähig bleibt? Es gibt ja inzwischen viele digitale Player.
Eine gute Frage. Uns gibt es ja ausschließlich in Berlin! Das ist schon eine Besonderheit, eine Privatbank, die ihren Sitz mit allen Dienstleistungen in Berlin hat, ohne Niederlassungen (bis auf eine Dependance in Potsdam, aber das ist ja der gleiche Wirtschaftsraum). Diese Nähe zu unseren Kundinnen und Kunden ist etwas, das uns auszeichnet. Nichtsdestotrotz schauen wir uns natürlich an, was der Wettbewerb macht, bundesweit und digital. Wir richten den Blick darauf, wie sich das Marktumfeld entwickelt, und insbesondere, wo die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden im Wealth Management liegen. Auch führen wir regelmäßig Befragungen bei unserer Kundschaft durch. Denn wer könnte die Ansprüche an seinen Vermögensverwalter, an seine Privatbank, besser formulieren als unsere Kundinnen und Kunden selbst? Da gehen wir intensiv in die Gespräche.
Wie wird die Weberbank auf die sich ändernden Kundenbedürfnisse reagieren?
Wir fokussieren uns auf Zukunftsthemen wie die Frage, wer unsere Kundinnen und Kunden in fünf, zehn oder 20 Jahren sind, und auf unser Dienstleistungsangebot: Auf welchen Gebieten wollen unsere Kundinnen und Kunden mit uns zusammenarbeiten? Auch die Frage der Kommunikation – auf welchen Wegen wollen Kundinnen und Kunden mit uns sprechen? Welche Technik, welche IT brauchen wir, um Effizienz sicherzustellen? Digitalisierung spielt natürlich eine große Rolle, aber weiterhin ebenso und ohne Wenn und Aber der persönliche Austausch. Und last but not least die Frage, welche Fähigkeiten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen, um die Zukunftsthemen professionell und mit hoher Kompetenz sicherzustellen. Wir analysieren das regelmäßig, ziehen Schlüsse und gehen nach der Umsetzung erneut in den Dialog mit den Kundinnen und Kunden, um unseren Anspruch „exzellent und unabhängig, persönlich und vor Ort“ zu sichern, zu schärfen und in die Zukunft zu tragen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist gesellschaftlich von großer Bedeutung: Wie erhalten wir die Welt auch in der Zukunft? Das sollte auch eine Bank beschäftigen. Wie entwickeln Sie die Weberbank weiter in Sachen Nachhaltigkeit – also in den Dimensionen ESG (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) –, was sind da Ihre Punkte?
Wir haben bereits im Jahr 2007 das erste Nachhaltigkeitsmandat in unserer Vermögensverwaltung übernommen, interessanterweise von einem kirchlichen Anleger, zu einer Zeit, als das Thema „E“ in der Ausrichtung in der ganzen Branche noch gar keine Rolle spielte. Heute ist mehr als jede zweite neue Vermögensverwaltung bei uns eine unter Nachhaltigkeitsaspekten. Doch auch 2007 ging es schon um Themen wie Menschenrechte, keinerlei Investments bei Waffenproduzenten, keine Benachteiligung von Minderheiten, Gleichbehandlung von Frauen und Männern und Vermeidung von Kinderarbeit. Also damals ein ganz neuer Fokus, und das ist 15, 16 Jahre her. Seitdem sind wir intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst, auch weil wir das für uns als Privatbank quasi für eine intrinsische Aufgabe halten, und ich meine, dass das gut zu unserem Profil und zu unserer Kundschaft passt. Wir haben unsere Vermögensverwaltung sehr schnell auf die Ziele ausgerichtet, die bei den Vereinten Nationen als UN Global Compact hinterlegt sind, die deutlich sagen, was nachhaltig ist und welche Investments es eben nicht sind. Darüber hinaus haben wir 2017 die Selbstverpflichtung und die selbstverpflichtenden Grundsätze der Vereinten Nationen (UN PRI) unterzeichnet. Zudem haben wir innerhalb der Bank eine Sustainability Group ins Leben gerufen, um auch nach innen kontinuierlich zu informieren und im Austausch zu sein. Wir beziehen grünen Strom, und unser Energieverbrauch ist in den vergangenen zehn Jahren rapide gesunken. Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezuschussen wir BVG-Ticket und Fahrradleasing, um unterschiedliche kleine Stellschrauben zu nennen. Wir glauben, bei diesem Thema ergibt es Sinn, sich auf das zu konzentrieren, was man in der unmittelbaren Umgebung beeinflussen kann. Und die Resonanz unserer Kundinnen und Kunden auf dieses Engagement ist durchweg sehr positiv.
Die Weberbank versteht sich als Netzwerkbank. Was bedeutet das, und was ist der Gedanke dahinter?
Netzwerkbank – das bezeichnet, was die Weberbank bereits seit vielen Jahren aus eigenem Antrieb macht: Gesellschaftliches Engagement an unserem Standort ist ein wichtiger Teil unseres Selbstverständnisses. Um Aktivitäten aus Kultur, Wirtschaft, Sport und Soziales zu fördern, verfügen wir über zahlreiche, über Jahre gewachsene Partnerschaften. Denn die Weiterentwicklung dieser Themen gelingt am besten, indem man Ideen mit Gleichgesinnten entwickelt, weiterverfolgt und zur Umsetzung bringt. So haben wir zum Beispiel entsprechende Veranstaltungsformate entwickelt, bei denen sich interessante Persönlichkeiten zu spannenden Themen austauschen können. Hier in Berlin ergibt das viel Sinn, da man ein Umfeld hat, in dem man – wenn man will – durchaus gestalterisch und mit Einfluss tätig sein kann. Dieses über die Jahre entstandene Weberbank-Netzwerk ist durchaus ein Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden. Übrigens auch ganz konkret für die Asset Allocation: Als Weberbank kennen wir uns naturgemäß hervorragend aus mit liquiden Finanzanlagen und Immobilien. Aber das Vermögen unserer Kundinnen und Kunden steckt auch in vielen illiquiden Dingen, die dennoch Teil des jeweiligen Gesamtvermögens sind. Ich spreche von Kunst, von Sammlungen diverser Art, von Oldtimern, Uhren und, und, und. Hier greifen wir auf ein großartiges Netzwerk an Expertise zurück.
Ein wichtiger Aspekt einer ganzheitlichen Beratung ist auch das Thema Female Finance. Wie geht die Weberbank mit diesem Thema um?
Das ist eine wirklich spannende Thematik, die wir grundsätzlich im Blick haben und die durch eine Befragung aus 2020/2021 bei uns erneutes Echo gefunden hat. Die eine Sache ist der biologische Aspekt der längeren Lebenserwartung von Frauen und daraus resultierend irgendwann die Aufgabe, das Vermögen allein verwalten zu müssen. Genauso wichtig sind selbstverständlich Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsgrundsätze. Und da stellen wir fest, dass entsprechende Karrierewege dazu führen, dass Frauen erfolgreich sind und, als ein Ergebnis daraus, auch erhebliche Vermögen akkumulieren. Was vielen Kundinnen bei der Geldanlage wichtig ist, ist der Umgang mit Risiko und Nachhaltigkeit. Das haben wir aufgenommen und thematisch weiterentwickelt. Female Finance bei der Weberbank heißt, Frauen ziel- und bedürfnisgerechte Engagements am Kapitalmarkt zu bieten – sowie eine bedarfsgerechte Ansprache und Veranstaltungsformate.
Vorhin sprachen Sie davon, dass die persönliche Beratung mit das Wichtigste sei. Wie wird die Weberbank sicherstellen, dass die Beratung weiterhin von höchster Qualität ist?
Da ist in erster Linie das Thema der Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wo gibt es schon Stärkenfelder, die ausgebaut werden sollen, und was sind die Themen derzeit am Markt? Es ist das wichtige Thema Education, das wir bei der Personalentwicklung besonders fördern. Mit „WeBank“ haben wir vor drei Jahren eine für uns neue Personalentwicklungsmaßnahme ins Leben gerufen. Bei den „WeBank“-Teams handelt es sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Bank, die zur Bearbeitung von aktuellen Aufgabenstellungen unterschiedliche Methodiken, zum Beispiel den Design-Thinking-Prozess, anwenden. Eine andere Frage ist, wie man Teams dauerhaft erfolgreich machen kann. Was ist notwendig, um innerhalb eines Teams die Dynamiken und die Diversität so zu kanalisieren, dass daraus Erfolg und Stärke werden, insbesondere für diejenigen, die sich engagieren wollen? Die Weberbank hat und braucht Toptalente – Menschen, die sich einbringen wollen, denn mit rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind wir kein Riesenhaus. Da macht jede und jeder Einzelne den Unterschied aus. Darüber hinaus arbeiten wir mit einem sehr umfangreichen Führungs- und Weiterbildungsangebot. Unser Motto: Wer Engagement will, muss Sinn geben.
Welche Rolle spielt die Weberbank zukünftig in der Finanzbranche der Metropolregion Berlin?
Ich bin davon überzeugt, dass wir eine Bank bleiben sollten, die stark in der Hauptstadt verwurzelt ist, weil Berlin auch ein Sehnsuchtsort ist und durch entsprechendes Wachstum in vielen Bereichen einfach überzeugt. In der Diskussion geht es manchmal ein bisschen unter, aber verglichen mit anderen Regionen in der Bundesrepublik ist das Wachstum in Berlin eben größer. Es gibt hier viele interessante und spannende Bereiche mit großer wirtschaftlicher Dynamik. Das Umfeld für eine Privatbank wie die Weberbank ist damit auch mit Blick nach vorn in Berlin ungeheuer attraktiv. Ich glaube darüber hinaus, dass die zunehmende Komplexität der Finanzmärkte einerseits und die der Themen, zu denen wir schon heute beraten, auf die Kompetenz der Weberbank einzahlt. Das heißt, unseren Kundinnen und Kunden mittels intensiver Beratung zu vermitteln: Da ist eine Bank, die mich sicher durch diese Komplexität führt, indem sie mir maßgeschneiderte Lösungen anbietet und mich persönlich begleitet. Insofern bin ich überzeugt, dass die Weberbank für die Zukunft sehr gut aufgestellt ist.
Text: Christian Bracht
Fotos: © Meike Kenn
Datum: Juni 2023
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