Autor: Jens Herdack
Finanzmarkt aktuell per 28. April 2023
Jens Herdack, CEFA, CIIA, Portfoliomanager
Die Berichtssaison der Unternehmen zu ihren Ergebnissen im ersten Quartal dieses Jahres läuft auf Hochtouren. Daneben stehen in der kommenden Woche die nächsten Weichenstellungen der europäischen und der amerikanischen Notenbanken (EZB und Fed) an. Zusätzlich flammt die Diskussion um die Stabilität der amerikanischen Regionalbanken wieder auf.
Die wichtigsten Details und Ableitungen zu all diesen Themen lesen Sie wie gewohnt handgemacht und ohne Zuhilfenahme von künstlichen Intelligenzen im heutigen Finanzmarkt aktuell:
Besser als erwartet
Die aktuelle Berichtssaison der Unternehmen verläuft in den USA bisher besser als zuletzt von den Analysten erwartet. Im Schnitt verzeichneten die ersten 219 Unternehmen, die ihre Ergebnisse bereits präsentiert haben, einen leichten Gewinnrückgang von einem Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Damit schlagen sie die Erwartungen der Analysten um knapp 7 Prozent.
Auch die Schätzungen für die Umsatzentwicklung werden übertroffen. Diese liegen nämlich sogar gut 5 Prozent höher als im Vorjahresquartal. Die Berichtssaison in Europa ist noch nicht so weit fortgeschritten wie in den USA. Im Moment zeigen die wenigen Unternehmen, die bereits berichtet haben, aber sogar ein deutlich besseres Ergebnis als in den USA. Insgesamt also eine ganz gute Entwicklung im aktuell eher angespannten Marktumfeld.
Neu aufgeflammt
Zu Tode betrübt sind hingegen weiterhin die Anteilseigner amerikanischer Regionalbanken. Mit der „First Republic Bank“ (FRB) steht eine weitere von ihnen im Feuer. Denn die jüngsten Quartalszahlen offenbarten einen Abfluss von ungefähr 70 Mrd. USD an Kundengeldern auf nun nur noch knapp über 100 Mrd. USD. Damit zeigt sich hier – wie bereits bei der „Silicon Valley Bank“ (SVB) und der „Credit Suisse“ (CS) –, was ein Vertrauensverlust für eine Bank bedeutet. Die Kunden sind sensibilisiert und ziehen ihre Gelder im Zweifel lieber zu einer der großen Banken ab oder investieren ihr Geld in inzwischen auskömmlich verzinste US-Staatsanleihen.
Zusätzlich zu den schnell gestiegenen Leitzinsen, die den Regionalbanken hohe Verluste auf ihre Anleihenportfolios brachten, haben viele dieser Institute auch eine sehr einseitige Geschäftsaufstellung. Da der gewerbliche Immobilienbereich hier einen großen Anteil hat und seinerseits durch die gestiegenen Zinsen in der Krise steckt, sind die Regionalbanken auch von dieser Seite getroffen. Werden wir hier womöglich Zeugen eines entstehenden Flächenbrandes, der sich auch auf große Banken ausbreiten wird? Wir denken nein.
Jedoch zeigt sich erneut, dass die Regulierung der kleinen und mittelgroßen US-Institute zu stark aufgeweicht worden war. Die großen Banken, sowohl in Europa als auch in den USA, stehen dank schärferer Regulierung deutlich solider mit guten Kapitalquoten da. Darüber hinaus können sie durch ihr breit aufgestelltes Geschäft schwierige Marktphasen besser abfedern. Das zeigen auch die jüngsten Quartalsergebnisse der im amerikanischen S&P 500 Index enthaltenen Banken, die mit einem durchschnittlichen Ergebniswachstum von knapp 24 Prozent glänzten.
Rezessionswahrscheinlichkeit bleibt das Thema am Markt
Volkswirtschaftlich konnten sowohl die USA als auch Europa leider nicht glänzen. Insbesondere die Frühindikatoren deuten eine eher schwierige wirtschaftliche Entwicklung an. Das gestern veröffentlichte Wachstum des US Bruttoinlandsproduktes (BIP) enttäuschte mit 1,1 statt erwarteten 1,9 Prozent auf ganzer Linie. Zusätzlich steht die US-Notenbank Fed vor dem Problem, dass die aus dem BIP abgeleitete Konsumentenpreissteigerung über den Erwartungen lag. Das signalisiert, dass die bisherigen Leitzinserhöhungen ihre preisdämpfende Wirkung noch nicht ausreichend entfalten, gleichzeitig aber das Wirtschaftswachstum deutlich belasten.
Während die Frühindikatoren, die Geldmengenentwicklung und die inverse Zinsstruktur in den USA nun mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf eine bevorstehende Rezession weisen, deuten das die europäischen Indikatoren bisher weniger deutlich an. Hier bleibt die Konsumentenstimmung aufgrund des weiter robusten Arbeitsmarktes und der guten Lohnentwicklung bislang stabil. Im Industriebereich knarrt es aber auch hier im Gebälk.
Märkte handeln nicht den Status Quo, sondern die Zukunft
Für Investoren ist das Marktumfeld weiter herausfordernd, aber nicht so unattraktiv, wie man es vor dem Hintergrund der konjunkturellen Unwägbarkeiten vermuten würde. Mit jedem Zinsschritt der Notenbanken wird die Wahrscheinlichkeit für weitere restriktive Maßnahmen geringer. Da die Märkte nicht den Status Quo, sondern die Zukunft handeln, können sich Aktien weiter gut entwickeln. Zinssuchende Investoren finden inzwischen wieder Anleihen mit guter Bonität und attraktiver absoluter Rendite.
Haftungsausschluss:
Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.
Ansprechpartner für Journalisten:
Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388
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