Autor: Sascha Rehbein
Finanzmarkt aktuell per 25. Februar 2022
Sascha Rehbein, CFA, Portfoliomanager
In der heutigen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“ blicken wir auf die aktuelle Situation in der Ukraine, welche wirtschaftlichen Konsequenzen daraus folgen und wie wir unsere Portfolios positionieren.
Die „Invasion“ hat begonnen
Der Konflikt über die Souveränität der Ukraine hat die nächste Stufe erreicht. Mit der Anerkennung der beiden separatistischen Regionen Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten durch Russland und den ersten militärischen Angriffen hat sich die Lage deutlich zugespitzt. Das Hauptrisiko des Konflikts mit Blick auf die Kapitalmarktentwicklung besteht unserer Meinung nach weiterhin in den wirtschaftlichen Folgewirkungen steigender Rohstoffpreise. Durch die hohe Abhängigkeit der EU von russischen Gaslieferungen – die EU bezieht über 40 Prozent ihrer Gas-Importe aus Russland – würde selbst eine kurzfristige Störung der Versorgung starke Preisausschläge zur Folge haben. Zusätzlich sind die europäischen Gaslager bereits soweit ausgeschöpft, dass bei einem kompletten Lieferstopp die Gasversorgung an private Haushalte und Unternehmen voraussichtlich nur noch zwei Monate sichergestellt werden kann. Auch Lebensmittelgüter, wie z.B. Weizen und Mais, sowie zahlreiche Industriemetalle gehören zu wichtigen Importgütern der EU aus Russland und der Ukraine.
Werden die Gaslieferungen eingestellt?
In unserem Basisszenario gehen wir somit von einer hartnäckigeren und höheren Inflation in der Eurozone aus als bisher erwartet. Neben den erhöhten Rohstoffpreisen erwarten wir aufgrund der verkündeten Sanktionen und potentieller Gegensanktionen Russlands negative Folgen für das Wirtschaftswachstum in Europa, die zu einer stagnierenden Wirtschaftsentwicklung im ersten Quartal führen können. In den USA sind die wirtschaftlichen Folgen hingegen wesentlich geringer einzuschätzen, da die Handelsverflechtungen zu Russland und der Ukraine marginal sind. Zwar sollte sich der US-Konsument über die potentiell höheren Benzinpreise nicht erfreut zeigen, diese sollten aber mit Blick auf den starken Arbeitsmarkt und die hohen Vermögensstände aktuell gut verkraftbar sein. Die US-Volkswirtschaft könnte sogar durch erhöhte Gas- und Ölexporte nach Europa von der aktuellen Krise wirtschaftlich leicht profitieren. Unser maßgebliches Risikoszenario befasst sich dementsprechend mit einer weiteren Eskalation der Energieversorgung Europas. Ein kompletter Lieferstopp über mehrere Monate hätte aus unserer Sicht weitreichende Folgen für die Industrieproduktion, insbesondere für Deutschland, und würde einhergehen mit einer starken Verunsicherung der Konsumenten. Dies hätte einen tiefgreifenden Wachstumseinbruch zur Folge, je länger dieser Ausnahmezustand anhalten würde.
Ruhe bewahren
Unsere Portfoliomaßnahmen leiten wir aktuell maßgeblich von unserem Basisszenario ab und reagieren dementsprechend selektiv in unseren Mandaten. Ein allgemeiner Abbau von Risikopositionen empfiehlt sich aufgrund der voraussichtlich nur kurzfristigen Belastungen aus unserer Sicht derzeit nicht. Anleger sollten in Phasen erhöhter Unsicherheit nicht die strategische Portfolioausrichtung in Frage stellen und sich zu extremen Positionierungen verleiten lassen. Eine differenzierte Betrachtung ist eher angeraten. Wir haben daher alle Bestandspositionen einer detaillierten Risikoanalyse im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen von Sanktionen unterzogen. Historisch haben sich in Krisenphasen amerikanische Aktien robuster verhalten als europäische Titel. Gleichzeitig profitierte außerdem der US-Dollar. Auch vor dem Hintergrund, dass die zu erwartenden Belastungen primär Europa treffen werden, erhöhen wir in der Anlagestrategie unser US-Gewicht. Hier favorisieren wir insbesondere Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen, vergleichsweise gut prognostizierbaren Gewinnen und geringeren Verschuldungskennziffern. Wir halten solche Unternehmen für widerstandsfähiger im aktuellen Kapitalmarktumfeld steigender Energiepreise.
Die EZB steht vor schweren Entscheidungen
Die angesprochenen Preisanstiege sollten normalerweise zu einer restriktiveren Geldpolitik der EZB führen. ABER: Aus unserer Sicht wird die EZB datenabhängig reagieren. Das bedeutet, sie wird bei drohenden schweren wirtschaftlichen Folgen für die Eurozone kaum in der Lage sein, trotz erhöhter Inflation wirklich restriktiv zu werden. Dann dürfte die EZB wieder in den Krisenmodus übergehen und eher mit zusätzlicher Liquidität reagieren. Der Trend steigender Renditen scheint somit vorerst gestoppt. Die Risikoaufschläge sind in fast allen Rentensegmenten in den vergangenen Tagen durch die Flucht in Qualitätsanlagen, wie deutsche Staatsanleihen, gestiegen. Sollte sich das schwierige Umfeld fortsetzen, werden wir die Portfoliorisiken stärker reduzieren, insbesondere in den Segmenten der Wandel- und Unternehmensanleihen niedriger Bonität.
Haftungsausschluss:
Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.
Ansprechpartner für Journalisten:
Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388
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