Erster Zinssenkungsschritt bereits im Mai?

Sind die erneuten Zinssenkungs-Fantasien gerechtfertigt?

Starker Renditerückgang – Chance verpasst?

Rezession in Deutschland und gleichzeitig Allzeithoch im DAX?

 

Autor: Sascha Rehbein
Finanzmarkt aktuell per 08. Dezember 2023
Sascha Rehbein, CFA, Portfoliomanager

Sascha Rehbein

Die anhaltenden Kursgewinne am Kapitalmarkt fühlen sich an wie eine verfrühte Bescherung vom Weihnachtsmann! Ob sich allerdings hinter dem Geschenkesack doch noch die gefürchtete Rute befindet, lesen Sie in unserer neuen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“:

Sind die erneuten Zinssenkungs-Fantasien gerechtfertigt?

Seit Mitte Oktober können wir am Kapitalmarkt eine relativ dynamische Anpassung der Leitzinserwartungen sowohl für die US-Notenbank (Fed) als auch die Europäische Zentralbank (EZB) beobachten. So wird für die Fed der erste Zinssenkungsschritt bereits im kommenden Mai erwartet und in Summe eine Reduzierung des Leitzinses bis zum Jahresende 2024 um 1,25%-Punkte prognostiziert. Die Erwartungen an die EZB zeigen ein ähnliches Ausmaß der Leitzinssenkung – der Startpunkt wird sogar vor der Fed erwartet. Somit ignorieren die Märkte die Kernbotschaft der Notenbanker in letzter Zeit: „Higher for longer“. Gemeint ist die Absicht die Leitzinsen über einen längeren Zeitraum auf den hohen Niveaus zu halten. Das ist tatsächlich nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass der Kapitalmarkt deutliche Zinssenkungen antizipiert. Im Zuge der Krise um die US-Regionalbanken im vergangenen März prognostizierte der Markt, dass der US-Leitzins zum Ende des aktuellen Jahres bei ca. 4% liegt. Tatsächlich haben die US-Notenbanker unbeirrt den Leitzins weiter erhöht, so dass er aktuell bei 5,50% liegt. Unsere Erwartungen für das nächste Jahr weichen zum Teil deutlich von den aktuellen Markterwartungen ab. In den USA erwarten wir eine moderate Abschwächung der Wirtschaftsdynamik sowie eine weitere Normalisierung der Inflationsrate in den kommenden Monaten. Dies sollte der Fed tatsächlich die Möglichkeit geben, erste Leitzinssenkungen im Sommer durchzuführen. Die Leitzinserwartungen für die EZB sehen wir allerdings deutlich anders im Vergleich zu den Kapitalmarkteinschätzungen. Die letzten Aussagen von EZB-Präsidentin Lagarde unterstrichen die Bereitschaft der Notenbank, weitere restriktive Maßnahmen vorzunehmen. So könnten die Notenbanker dem Finanzsystem weitere Liquidität entziehen, indem sie die Anleihekäufe noch stärker reduzieren. Zudem sollte die Normalisierung des Inflationspfades in der Eurozone von nun an schwieriger werden und aus unserer Sicht eine erste Leitzinssenkung erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 ermöglichen.

Starker Renditerückgang – Chance verpasst?

Natürlich haben die Hoffnungen auf baldige und kräftige Leitzinssenkungen zu deutlichen Renditerückgängen am Rentenmarkt geführt. Während die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen noch Anfang Oktober kurzfristig die 3%-Marke getestet hat, setzte anschließend eine dynamische Gegenbewegung auf das aktuelle Niveau von ca. 2,20% ein. Setzt sich dieser dynamische Trend fort und führt erneut zu unattraktiven Marktrenditen am Anleihemarkt? Aus unserer Sicht könnten sich erneute Chancen im ersten Quartal ergeben. Wie bereits beschrieben sind die Leitzinserwartungen für die EZB aus unserer Sicht übertrieben, und eine gewisse Korrektur erscheint notwendig. Zusätzlich ist das erste Quartal traditionell geprägt von einer Flut neuer Anleiheemissionen, die tendenziell auf den Kursen lasten. Somit könnte sich in den ersten Wochen des Jahres die Chance ergeben, auf höheren Renditeniveaus Investitionen am Rentenmarkt zu tätigen.

Rezession in Deutschland und gleichzeitig Allzeithoch im DAX?

Natürlich haben auch die globalen Aktienmärkte, inklusive dem DAX Index, von den aufflammenden Zinssenkungs-Fantasien profitiert. Man sollte beim Blick auf den deutschen Leitindex immer im Hinterkopf behalten, dass die enthaltenden Unternehmen zu großen Teilen von Exporten und demnach vom globalen Wachstum abhängig sind. Eine schwache Wirtschaftsentwicklung im Heimatmarkt ist dementsprechend nicht schön, aber verkraftbar. Gleichzeitig haben wir auf Indexebene deutliche Steigerungen der Gewinnschätzungen für das kommende Jahr erlebt, die noch nicht von entsprechenden Kursgewinnen nachvollzogen wurden. Daher ist aus fundamentaler Sicht weiterhin genügend Spielraum für weitere Kursanstiege auf Sicht der nächsten Monate gegeben. Auch für den US-Aktienmarkt sind wir optimistisch. Nachdem die Unternehmen im S&P 500 in diesem Jahr eine schwache Gewinnentwicklung zeigten, blicken die Analysten als auch wir deutlich positiver auf das Gewinnpotential für das kommende Jahr. In Summe sind wir somit für 2024 relativ optimistisch gestimmt, so dass wir sowohl vom Aktien- als auch Rentenmarkt positive Kursentwicklungen erwarten.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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