Zurück zu „business as usual”?

Trockene Pipelines?

Zurück zu „business as usual”?

Perfekter Sturm am Rentenmarkt

 

Autorin: Hannah Thielcke
Finanzmarkt aktuell per 1. April 2022
Hannah Thielcke, Portfoliomanagerin

Hannah Thielcke

Täglich scheint es neue Wendungen im Russland-Ukraine-Konflikt und den Reaktionen der internationalen Staatengemeinschaft zu geben. Wie die Finanzmärkte damit umgehen und welche Ableitungen wir für uns treffen, lesen Sie im neuen Finanzmarkt aktuell.

Trockene Pipelines?

Nachdem in der vergangenen Woche heiß diskutiert wurde, ob man von europäischer Seite ein Embargo für russisches Öl und Gas verhängt, stand nun die Frage im Raum, ob Russland noch Zahlungen in Euro akzeptiert oder andernfalls die Lieferungen seinerseits stoppt. Beide Seiten pokerten hoch, denn ein kompletter Lieferstopp hätte sowohl für Russland selbst als auch für große Teile Europas enorme wirtschaftliche Konsequenzen. Am Donnerstagnachmittag zeichnete sich dann eine Mogelpackung ab, mit der wohl beide Seiten leben könnten: Zahlungen können zwar weiterhin in Euro erfolgen, müssen jedoch über Konten bei der Gazprombank laufen. Diese leitet dann die Zahlungen in Rubel an russische Lieferanten weiter. Dies konnte zumindest kurzfristig für etwas Entspannung bei Öl- und Gaspreisen sorgen. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung und wie genau eine Unabhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen aussehen kann, wird aber weiterhin für Nervosität an den Märkten sorgen.

Zurück zu „business as usual”?

Gut einen Monat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine scheint sich jedoch an den Finanzmärkten ein altes Muster zu wiederholen. So sorgen geopolitische Spannungen zwar immer wieder für heftigere Verwerfungen, welche dann jedoch von vergleichsweise kurzer Dauer sind. So notiert beispielsweise der amerikanische Aktienindex S&P 500 wieder auf Niveaus, die zuletzt Anfang Februar erreicht wurden. Auch der deutsche Aktienindex DAX konnte immerhin die Hälfte seiner Kursverluste wieder aufholen. Aus unserer Sicht ist es jedoch zu früh, von „business as usual“ zu sprechen, und wir rechnen weiter mit bewegten Märkten. Die Risikoszenarien, beispielsweise eines Öl- und Gasembargos und einer deutlichen Eintrübung des Wirtschaftswachstums, sind aus unserer Sicht noch nicht vom Tisch. Erste vorsichtige Signale einer Annäherung beider Seiten stimmten uns zuletzt zwar etwas optimistischer, reichen uns jedoch noch nicht aus, um die Risiken des Konflikts für die europäische und globale Wirtschaft deutlich geringer zu gewichten.

Perfekter Sturm am Rentenmarkt

Während wir in der letzten Woche über die grundsätzlichen Vorteile von Aktien in diesem Umfeld –
insbesondere bei erhöhter Inflation – berichteten, befinden sich Anleihen aktuell im Auge des Sturms. Zwischen weiterhin soliden Wachstumserwartungen, einer hohen Inflation und restriktiver werdenden Notenbanken geht es im vermeintlich sicheren Hafen äußerst stürmisch zu. Die Schwankungsintensität, beispielsweise bei deutschen Bundesanleihen, ist bereits seit Anfang Februar deutlich erhöht und hat seit Beginn des Konflikts in der Ukraine noch stärkere Ausmaße angenommen. Der Renditeanstieg hat mittlerweile historische Ausmaße angenommen – es deutet sich das schlechteste Rentenjahr seit 1994 an. Die Kursverluste der Anleihen sind mittlerweile so beträchtlich, dass sie nicht mehr durch die Kupons ausgeglichen werden können. Hierbei konnte sich kaum ein Rentenmarktsegment entziehen. Schwellenländeranleihen in Lokalwährung bilden hier eine der wenigen Ausnahmen, da die Renditen der Schwellenländer sich im Durchschnitt stabil halten konnten. Ein Grund dafür ist, dass die Notenbanken in vielen Schwellenländern bereits frühzeitig auf die erhöhten Inflationszahlen reagiert und die Leitzinsen angehoben hatten. Wir bleiben in diesem Umfeld in Hinblick auf Laufzeiten defensiv aufgestellt und bevorzugen weiterhin kürzer laufende Anleihen. In Bezug auf Risikoprämien haben wir uns zuletzt ebenfalls defensiver aufgestellt und warten günstige Einstiegszeitpunkte ab.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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