Schafft Vergesellschaftung Wohlstand? – Nein!

Wirtschaft & Trends
März 2019

 

Autor: Jan Gengel
ist Direktor der Weberbank und seit 2006 als Portfoliomanager im Bereich Vermögensverwaltung verantwortlich für das Rentenmanagement und die Kapitalmarktanalyse des Hauses. Als gelernter Bankkaufmann werden seine beruflichen Erfahrungen durch die akademischen Abschlüsse als Diplom-Volkswirt der Humboldt Universität zu Berlin, Certified European Financial Analyst (CEFA) und Certified International Investment Analyst (CIIA®) abgerundet.

Jan Gengel

Enteignung, Kollektivierung, Vergesellschaftung oder Verstaatlichung sind leider keine seltenen Begriffe mehr in der aktuellen Diskussion über die Gerechtigkeit unserer Wirtschaftsordnung, die Verteilung unseres Wohlstands und die Entwicklungen am Immobilienmarkt. Doch fördern drastische Einschränkungen des wirtschaftlichen Handelns, dysfunktionaler Wettbewerb, rechtliche Unsicherheit hinsichtlich unseres privaten Eigentums oder gar sich abschottende Gesellschaften unseren Wohlstand? Oder anders gefragt: Sollten wir die Grundlagen unserer sozialen Marktwirtschaft, die uns seit der Bildung der Bundesrepublik Deutschland leiten, über den Haufen werfen und stattdessen das Wirtschaftsmodell der nicht mehr existierenden DDR übernehmen? Das Ende der durch staatliche Planung gelenkten Volkswirtschaft war der Staatsbankrott. Ähnliches droht Venezuela. Hier wurde 2006 von Hugo Chavez der „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ ausgerufen. Die damit begonnene entschädigungslose Verstaatlichung von Unternehmen hat zu einem dramatischen Abschwung in dem Land mit den größten Ölreserven der Welt geführt. Die Folgen der Mangelwirtschaft sind vor allem für die Bevölkerung verheerend, deren Ernährung nicht mehr sichergestellt ist.

Natürlich sind dies zwei Extrembeispiele, aber die derzeitige populistische Diskussion über unattraktive Enteignungen, Vergesellschaftung oder staatliche Zwangsmaßnahmen erschüttert die Grundprinzipien unserer liberalen und offenen Wirtschaftsordnung. Die Signalwirkung solcher Maßnahmen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Private in- und ausländische Investoren werden es sich genau überlegen, in einem Land zu agieren, in dem ihnen ihr Engagement durch den Staat jederzeit vereitelt werden kann.

Auch dürften Projekte beispielsweise für den Wohnungsbau deutlich teurer werden. Es gilt die negative Strahlkraft solcher Polemik zu vermeiden und stattdessen verlässliche Leitlinien für Investitionen zu schaffen und ehrgeizige gesellschaftliche Ziele damit zu verknüpfen. Ein rational agierender Anleger möchte für das mit einer Investition verbundene Risiko vergütet werden. Sinkt die Rechtssicherheit, steigt das Verlustrisiko, und damit steigen die Kosten. Festverzinsliche Wertpapiere haben vergleichbare Effekte. Ausfallgefährdete Emittenten müssen für ihre Kredite höhere Zinsen bezahlen als Schuldner mit erstklassiger Bonität. Unser Wirtschaftsraum stellt sinnbildlich Letzteres dar und darf meiner Ansicht nach nicht gefährdet werden.

Sicherlich stellen uns die Globalisierung, die Digitalisierung und der demografische Wandel vor Herausforderungen. Aber die Antwort darauf dürfen nicht gescheiterte Wirtschaftsmodelle, sondern sollte eine moderne zeitgemäße Form der sozialen Marktwirtschaft sein. Wir genießen ein hohes Wohlstandsniveau, das auch Spielräume für sozialen Ausgleich schafft, und dies gilt es durch eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zu verteidigen. Dem Staat obliegt die Aufgabe, dafür verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und deren Einhaltung sicherzustellen. So können wir die nationale und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Waren und Dienstleistungen erhalten. Auch Investitionen in Bildung, zukunftsträchtige Technologien und Innovationen sind dafür unabdingbar, und für diese ist Rechtssicherheit eine Grundvoraussetzung.

 

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