Patientenverfügung und Covid-19

Nachgefragt
Oktober 2020

 

Dr. Tobias Beckmann
Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt), Steuerberater Experte für Steuern und Nachfolgeplanung der Weberbank, im Interview.

Herr Dr. Beckmann, viele haben noch nicht mal eine Patientenverfügung. Erklären Sie uns daher bitte zunächst, was es damit auf sich hat.

Die Patientenverfügung ist im Prinzip mein schriftlich niedergelegter Wille, wie ich in bestimmten Notfallsituationen behandelt werden möchte. Sie ersetzt meine Erklärung für den Fall, dass ich mich selbst nicht mehr gegenüber dem behandelnden Arzt in einer Notfallsituation äußern kann, weil ich beispielsweise bewusstlos bin.

Sollten diejenigen, die bereits eine Patientenverfügung haben, diese angesichts der Coronapandemie neu justieren – vor allem mit Blick auf das Thema künstliche Beatmung?

Grundsätzlich ist es immer empfehlenswert, meinen Willen, den ich in einer Patientenverfügung verfasst habe, regelmäßig auf Aktualität zu überprüfen. Dies gilt jedoch umso mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Situation. Warum? Die Patientenverfügung enthält generelle abstrakte Regelungen für bestimmte Fälle. Insbesondere ist in einer formularmäßig abgefassten Patientenverfügung regelmäßig ein Passus im Hinblick auf die künstliche Beatmung enthalten. Ich kenne viele Patientenverfügungen, die die künstliche Beatmung als lebensverlängernde Maßnahme ausschließen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Pandemie sollte sich jeder Einzelne über diese Beatmungsmethode ärztlich beraten lassen, ob im Rahmen einer Covid-19-Erkrankung nicht von diesem Ausschluss eine Ausnahme gemacht werden sollte, für den Fall, dass die Erkrankung einen schweren Verlauf nimmt. Ich empfehle daher, eine Patientenverfügung auf der Basis der individuellen ärztlichen Beratung zu aktualisieren.

Daneben gibt es auch die sogenannte Vorsorgevollmacht. Was ist darin geregelt?

Durch die Vorsorgevollmacht beauftrage ich einen Dritten, beispielsweise meinen Partner, mein(e) Kind(er) oder eine andere Vertrauensperson, mit der Wahrnehmung meiner Interessen für den Fall meiner Handlungsunfähigkeit. Die beauftragte Person handelt für mich und trifft an meiner Stelle die Entscheidungen, die ich selbstständig nicht treffen kann, willigt in ärztliche Eingriffe ein oder sorgt beispielsweise dafür, dass eine künstliche Beatmung eingeleitet wird oder nicht. Sie setzt somit meinen Willen, den ich zuvor bestenfalls in einer Patientenverfügung niedergeschrieben habe, für mich um. Eine Vorsorgevollmacht kann ich selbstständig abfassen. Empfehlenswert ist aus meiner Sicht jedoch immer, sie mit der Hilfe eines Rechtsanwalts oder Notars zu verfassen und gegebenenfalls zu beurkunden und beim Zentralen Vorsorgeregister eintragen zu lassen.

Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn ich keine Patientenverfügung und keine Vorsorgevollmacht habe?

Habe ich weder eine Patientenverfügung noch eine Vorsorgevollmacht, kann keiner für mich im Falle meiner Handlungsunfähigkeit handeln. Besteht dann die Notwendigkeit, dass eine Entscheidung getroffen werden muss, so wird für mich in diesen Fällen regelmäßig durch das Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt, der dann meine mutmaßlichen Interessen gegenüber Ärzten oder auch Behörden wahrnimmt.

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