Zwischen anhaltender Dynamik und zunehmender Regulierung

Nachgefragt
März 2020

 

Christoph Roschinsky
Verunsicherung auf dem Berliner Immobilienmarkt – worauf Eigentümer und potenzielle Erwerber jetzt achten sollten, darüber spricht Christoph Roschinsky, Immobilienexperte der Weberbank, im Interview.

Herr Roschinsky, über welche Themen sprechen Sie aktuell mit Ihren Kunden?

Viele Kunden der Weberbank suchen in der heutigen Zeit aktiv den Dialog, um mit unseren Immobilienexperten über die derzeit komplexe Situation auf dem Berliner Immobilienmarkt zu sprechen. Zum einen glauben unsere Gesprächspartner aufgrund der anhaltenden Attraktivität unserer Hauptstadt und der damit verbundenen großen Nachfrage nach Wohnraum weiterhin an eine positive Entwicklung des Berliner Immobilienmarkts. Auf der anderen Seite sind die Markteilnehmer wegen der wohnungspolitischen Entwicklungen stark verunsichert. Zweifellos ist der Berliner Mietendeckel das derzeit dominierende Thema. Zuletzt sorgten aber auch Schlagzeilen wie die Forderung nach einer Bodenwertzuwachssteuer, weitere mögliche Reformen zur Verschärfung der Immobilienbesteuerung oder auch ein Gesetzesentwurf über die Aufteilung der Maklerkosten beim Erwerb von Immobilien für zunehmenden Gesprächsbedarf.

Welche Auswirkungen haben die wohnungspolitischen Regulierungen auf den Berliner Immobilienmarkt?

Der Immobilienmarkt reagiert im Bereich der Kapitalanlageimmobilien schon jetzt mit großer Verunsicherung auf die drohenden Mietsenkungen und die damit sinkenden Renditen. Auf dem Markt der vermieteten Eigentumswohnungen und Zinshäuser ist daher bereits eine Preiskorrektur erkennbar. Ferner ist die Anzahl an Transaktionen bei Wohnimmobilien in Berlin stark rückläufig. Einige internationale institutionelle Anleger haben wegen der wohnungspolitischen Entwicklungen sogar bereits ein Einkaufsverbot für Immobilien in Berlin beschlossen. Es wird zudem prognostiziert, dass Investitionen in den Immobilienbestand wegen der fehlenden Wirtschaftlichkeit drastisch fallen könnten. Ferner kann angenommen werden, dass aufgrund der Investitionszurückhaltung weniger neue Wohnungen gebaut werden, was zu einer weiteren Wohnungsknappheit führen könnte. Für Mietinteressenten bleibt bei sinkenden Mietpreisen aufgrund der fehlenden Auszugsbereitschaft von Bestandsmietern abzuwarten, ob mittelfristig überhaupt noch freier Wohnraum zur Verfügung steht. Viele Mieter könnten daher zusätzlich als Nachfrager für selbst genutzte Eigentumswohnungen auftreten, was weiterhin zu steigenden Preisen auf dem Markt der selbst genutzten Immobilien in Berlin führen könnte.

Was empfehlen Sie Immobilieneigentümern und -erwerbern in der aktuellen Phase?

Für Kapitalanleger kann eine Investition in Immobilien in Anbetracht der Streuung des Vermögens sowie der individuellen Situation trotz des geplanten Mietendeckels weiterhin sinnvoll sein. Gleichzeitig sollten Investoren die Mietunterlagen umso genauer prüfen und die zukünftig zu erzielende Miethöhe in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unbedingt einfließen lassen. Aus der Perspektive des Eigennutzers hat eine Investition weiterhin Sinn, vorausgesetzt, eine emotionale Bindung zur Immobilie ist vorhanden.

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