Alles zur Vorabpauschale

Nachgefragt
Januar 2024

 

Karin Kohler
ist als Rechtsanwältin und Stiftungsspezialistin bei der Weberbank tätig und verantwortlich für Steuern und Nachfolgeplanung. Seit zehn Jahren ist sie Mitglied im Vorstand der Weberbank-Stiftung, die als Dachstiftung für Treuhandstiftungen den Kundinnen und Kunden der Weberbank zur Verfügung steht. Ehrenamtlich engagiert sich Karin Kohler bei der Berliner Stiftungswoche und im Vorstand Stiftung Zukunft Berlin.

Karin Kohler

Vorabpauschale – betrifft mich das?

Es gibt sie seit 2018, aber vielen Anlegerinnen und Anlegern ist die Vorabpauschale kein Begriff. Wer sich nicht richtig auf die Vorabbesteuerung vorbereitet, könnte gleich zu Anfang des neuen Jahres eine Überraschung erleben. Die Vorabpauschale war ein Ergebnis der Reform des Investmentsteuergesetzes 2018. Anlass war eine Überführung von europäischen in deutsches Recht.

In 2024 kommt auf Fondssparerinnen und Fondsparer, sowie Anlegerinnen und Anleger eine neue Steuer hinzu, die jahrelang kein Thema war. Egal ob Aktien-, Renten- oder Mischfonds, - ETF im Sparplan oder Einmalkauf – in 2024 ist man erstmals nach Jahren wieder mit einer Abgabe konfrontiert, die es eigentlich schon seit fünf Jahren gibt – die jedoch noch nie so spürbar war.

Was ist die Vorabpauschale?

Fonds und ETF erzielen im Normalfall Gewinne. Hier gibt es grundsätzlich zwei Typen von Fonds: ausschüttende und thesaurierende, die die Erträge automatisch wieder anlegen. Die Vorabpauschale ist ein fiktiver Kapitalertrag. Das bedeutet die Besteuerung bestimmter Einkünfte aus Kapitalvermögen, bei der bereits jährlich im Voraus eine pauschale Steuer auf zukünftige Gewinne erhoben wird. Die Vorabpauschale ist nicht die Steuer, sondern der Wert, nach dem die Steuer sich errechnet.

Wie wird der Basisertrag eines Fondsanteils berechnet?

Die Höhe der Vorabpauschale hängt vom sogenannten Basisertrag ab. Zunächst wird der Basiszins zum Stichtag 2. Januar 2023 benötigt. Der Basiszins war in den Vorjahren aufgrund der Niedrigzinsphase nahezu irrelevant. Für das Kalenderjahr 2023 wurde von der Deutschen Bundesbank ein Basiszins von 2,55 Prozent festgelegt. Der Basiszins wird mit dem Rücknahmepreis des entsprechenden Fonds zum Jahresanfang 2023 multipliziert und daraus ein fiktiver Gewinn errechnet, der nicht dem tatsächlichen entspricht. Nach Gesetzesdefinition bilden 70 Prozent davon die Grundlage für die Besteuerung. Die so ermittelte Summe ist der Basisertrag.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „Teilfreistellung“?

Je nach Fondsart (Mischfonds, Aktienfonds, Immobilienfonds) wird ein Teil des Basisertrags von der Steuer freigestellt. Nur auf die verbleibende zu versteuernde Summe werden dann die Abgeltungssteuer und der Solidaritätszuschlagzuschlag von insgesamt 26,375 Prozent und gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer fällig.

Rechenbeispiel für einen thesaurierenden Aktienfonds:

Sofern dieser Anfang 2023 einen Wert von 10.000 Euro hatte und bis Ende 2023 im Wert gestiegen ist, errechnet sich daraus ein Basisertrag in Höhe von 178,50 Euro. Unter Berücksichtigung der für Aktienfonds geltenden Teilfreistellung von 30 % reduziert sich der zu versteuernde Betrag auf 124,95 Euro. Darauf wird dann die Steuer fällig – in diesem Beispiel 32,96 Euro.

Achtung, dies ist nur ein Beispiel. Tatsächlich ist die Spannbreite der fälligen Steuer sehr groß und hängt von verschiedenen Parametern ab: Art des Fonds, Höhe der Wertsteigerung, vorhandener negativer Verlustverrechnungssaldo, Nutzung Freistellungsauftrag, Teilfreistellung und der Tatsache, ob der Fonds ausgeschüttet, zwischenausgeschüttet oder gar nicht ausgeschüttet hat. 

Wie kommt die Steuer zum Finanzamt?

Den Steuereinzug muss die depotführende Bank vornehmen. Sie berechnet den Gewinn des Jahres 2023 zum Stichtag 2. Januar 2024 und führt gegebenenfalls nach Berücksichtigung eines vorliegenden Freistellungsauftrages ca. ab Mitte Januar die fällig werdende Steuer an das Finanzamt ab. Da es sich um Steuern handelt, darf die Bank das entsprechende Konto ohne Zustimmung des Anlegers belasten.  Anleger sollten daher auf eine ausreichende Kontodeckung achten. Bei nichtausreichender Kontodeckung werden Weberbankkunden von ihrem Berater informiert.

Was geschieht beim Verkauf eines Fonds mit den Vorabpauschalen?

Bei einem späteren Verkauf von Fondsanteilen werden die bereits vorab abgezogenen Steuern verrechnet. Das heißt, dass bei Verkauf von Fondsanteilen die Vorabpauschalen auf den Erlös angerechnet werden, sodass dann nur der Teil der Gewinne versteuert werden muss, der durch die Vorabpauschale noch nicht abgedeckt war. Dadurch wird eine Doppelbesteuerung vermieden.

Die Beraterinnen und Berater der Weberbank stehen Ihnen für Ihre Fragen gern zur Verfügung.

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