Die Sonne scheint, die Corona-Beschränkungen werden mehr und mehr gelockert und die Politiker planen großzügig Hilfsprogramme in ungeahnten Größenordnungen getreu dem Motto „Klotzen – nicht kleckern“.

Neue Hilfsgelder für Europa

Der Konflikt der Supernationen wächst erneut an

Value-Aktien mit Chancen

 

Autor: Daniel Schär
Finanzmarkt aktuell per 29. Mai 2020
Daniel Schär, Direktor Leiter Portfoliomanagement

Daniel Schär

Die Sonne scheint, die Corona-Beschränkungen werden mehr und mehr gelockert und die Politiker planen großzügig Hilfsprogramme in ungeahnten Größenordnungen getreu dem Motto „Klotzen – nicht kleckern“. An den Kapitalmärkten macht sich in diesem Umfeld eine gewisse Sorglosigkeit breit und die Aktienkurse steigen weiter an. Wie wir die aktuelle Situation einschätzen lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“.

Neue Hilfsgelder für Europa

Deutschland zählt international neben den USA und China zu den Ländern, die am stärksten die eigene Volkswirtschaft in der Krise stützen. Durch die Sparpolitik der letzten Jahre haben wir uns diesen wichtigen Spielraum geschaffen. Zunehmend werden wir jedoch europaweit für diese Politik kritisiert, da eine weitere Stärkung der Starken und eine Schwächung der Schwachen im Nachgang der Krise befürchtet wird. Von den vielen Hilfsmilliarden, die europaweit von den Einzelnationen beschlossen wurden, entfallen beeindruckende 50 Prozent allein auf Deutschland. Die EU will nun den „Schwachen“ helfen, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nutzte die Macht der großen Zahlen bei der Vorstellung ihres Wiederaufbauplans in Höhe von 750 Milliarden Euro. 500 Milliarden davon sollen als nicht rückzahlbare Zuwendungen an die Länder in Europa fließen, die am stärksten ökonomisch durch die COVID-19-Pandemie betroffen sind. Die restlichen 250 Milliarden sind als Darlehen angelegt. Rund 40 Prozent der Gesamtsumme würden nach bisherigen Plänen nach Italien und Spanien fließen. Die Gelder sollen zweckgebunden in nationale Programme, die Digitalisierung und die Begrenzung des Klimawandels fließen. Soweit so gut. Das Problem ist jedoch, alle nationalen Länderparlamente müssen zustimmen, und die Finanzierung ist alles andere als sicher. Durch die Ausgabe von langlaufenden Anleihen auf EU-Ebene, also quasi abgewandelten Euro-Bonds, soll der Plan gegenfinanziert werden. Die Tilgung könnte über die Einführung neuer Steuern finanziert werden. Es gibt somit genügend Diskussionsbedarf, bis die Hilfen tatsächlich fließen werden. Bis dahin könnten die „Starken“ schon einen wertvollen ökonomischen Vorsprung erzielt haben. In den aktuellen Wirtschaftsdaten zeichnet sich die erwartete Bodenbildung und eine erste Erholung ab. So konnten sich die Einkaufmanagerindizes in Europa und auch der deutsche ifo-Index von ihren Tiefstständen erholen. Spannend wird, wie weit die Erholung trägt, da sowohl der Verbraucher als auch die Unternehmen sich mit Investitionen weiterhin zurückhalten.

Der Konflikt der Supernationen wächst erneut an

Der Schlagabtausch zwischen den USA und China nimmt wieder an Fahrt auf. Präsident Trump hat mit China den Hauptschuldigen der aktuellen Krise identifiziert und lenkt damit von eigenen Versäumnissen ab. Auch die Hong-Kong-Politik der Chinesen missfällt den Amerikanern. Im Gegenzug könnte chinesischen Unternehmen in Zukunft der Zugang zum wichtigen amerikanischen Kapitalmarkt erschwert werden. Hochrangige Politiker aus China sprachen jüngst sogar von einem neuen kalten Krieg. An den Kapitalmärkten wird der Konflikt derzeit vollkommen ignoriert, da es sich eigentlich beide Nationen nicht leisten können, den Handelskonflikt der letzten Jahre in eine zweite Runde zu schicken. Trump möchte im Herbst wiedergewählt werden, und China hat einen geringeren ökonomischen Spielraum als noch vor einigen Jahren. Da beide Nationen aber von stolzen, selbstbewussten Präsidenten geführt werden und Politik nicht immer logisch ist, sollte unserer Meinung nach die Entwicklung genau beobachtet werden.

Value-Aktien mit Chancen

Wenigstens an den Aktienmärkten, so scheint es, ist die Welt wieder in Ordnung. Die Kurse haben seit dem Tiefpunkt Mitte März über 25 Prozent zugelegt, der amerikanische S&P 500 sogar um 35 Prozent. Damit ist der US-Aktienmarkt nur noch wenige Prozentpunkte davon entfernt, den gesamten Kursverlust seit Jahresbeginn auszugleichen. Umso mehr drängt sich die Frage auf, wie es nun weitergehen kann und was bereits antizipiert ist. In unseren Augen geht der Kapitalmarkt vom Idealszenario aus – die Beschränkungen werden sehr bald weitreichend aufgehoben sein – die Wirtschaft fährt, stimuliert durch die Hilfsmaßnahmen der Staaten und Notenbanken, auf das Vorkrisenniveau hoch – das Virus ist durch einen Impfstoff, der in Kürze zur Verfügung steht, beherrschbar geworden. Wie in den letzten Ausgaben dieser Publikation geschildert, würden wir uns gerne dieser Annahme anschließen, nur sehen wir weiterhin viele Risiken. Erneute Ansteckungswellen, wie derzeit in Südkorea, oder aber Zweitrundeneffekte durch beispielsweise eine Zunahme von Zahlungsausfällen bei Unternehmen mit geringer Bonität haben das Potential, das Idealbild zu stören. In den letzten Tagen und Wochen verzeichneten vor allem Unternehmen aus zyklischen Bereichen deutliche Zuwächse. Viele dieser Titel sind sogenannte „Value-Aktien“, die in Relation zu ihrem fundamentalen Wert günstig erscheinen. Vor allem Automobilunternehmen, Finanz- und Energiewerte zählen dazu. Langfristig gab und gibt es interessantere Anlagesegmente, zumal viele dieser Unternehmen strukturelle Probleme aufweisen. In einer fortgesetzten Markterholung können Aktien aus diesen Segmenten jedoch durchaus interessante kurzfristige Beimischungen darstellen. Achten Sie nur auch hier auf jeden Fall auf die Qualität der Unternehmen!

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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