Neuer Sand im Getriebe der Weltkonjunktur?

Russland dreht den Gashahn zu

Weitere Lieferkettenprobleme in China

Wahlen geben Hoffnung

 

Autor: Dr. Martin Zurek
Finanzmarkt aktuell per 29. April 2022
Dr. Martin Zurek, Portfoliomanager

Dr. Martin Zurek

Mit dem Quartalswechsel war zu hoffen, dass sich die trüben Aussichten an den Kapitalmärkten wieder etwas aufhellen. Am Ende des ersten Quartalsmonats gibt es dafür jedoch wenig Anzeichen. In dieser Ausgabe von Finanzmarkt aktuell lesen Sie mehr über die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen und die möglichen weiteren Konsequenzen.

Russland dreht den Gashahn zu

Im April überraschte Präsident Wladimir Putin die europäischen Regierungen und Märkte mit der Forderung, Gaslieferungen nur noch in Rubel zu bezahlen, und drohte mit einem Lieferstopp, falls seine Forderung nicht erfüllt würde. Diese Drohung ist nun in die Tat umgesetzt worden. Russland hat vereinbarte Gaslieferungen an Polen und Bulgarien gestoppt und angekündigt, dass es die Lieferungen so lange unterbrechen wird, bis die Länder der Forderung Moskaus nachkommen. Aufgrund der Ungewissheit über eine weitere Ausweitung der Lieferstopps und der Bedrohung durch den Einsatz von Energieressourcen als potenzieller Waffe Russlands gegen die Verbündeten der Ukraine stiegen die europäischen Gaspreise kurzfristig um 20 Prozent. Es folgte jedoch eine baldige Beruhigung der Preise. Die Regierungen Polens und Bulgariens erklärten, dass die Sicherheit der Energieversorgung weiterhin gewährleistet ist. Trotz der Entwarnung zeigt dieser Fall die hohe Nervosität auf den Märkten und die daraus resultierende Preissensibilität, insbesondere bei Energie. Obwohl die Europäische Union bestrebt ist, sich aus der Abhängigkeit von russischen Energieressourcen zu lösen, bleibt dies kurzfristig eine relevante Risikoquelle. Die hohe Abhängigkeit der europäischen Unternehmen von Russland hat uns daher veranlasst, die bereits bestehende Übergewichtung von US-Aktien in unseren Einzeltitelmandaten weiter zu erhöhen.

Weitere Lieferkettenprobleme in China

Aufgrund der Ausbreitung der Covid-19-Infektionszahlen standen im Sommer 2021 die ersten Güterhäfen in China still. Die chinesischen Behörden haben damals die Häfen rigoros abgeriegelt, um keinen weiteren Ausbruch zu riskieren. Aktuell ist der Großraum Shanghai, die wichtigste Wirtschaftszone Chinas mit dem größten Containerhafen der Welt, stark betroffen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie werden dazu führen, eine weitere Welle der Lieferkettenengpässe zwischen Asien, den USA und Europa auszulösen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft rechnet damit, dass die Auswirkungen mit einem Zeitverzug von ca. zwei Monaten spürbar werden. Die Überlastung der chinesischen Häfen in Verbindung mit Russlands Krieg in der Ukraine streut weiteren Sand in das Getriebe der Weltkonjunktur. Von den Problemen betroffen sind vor allem Unternehmen mit konjunkturabhängigen Geschäftsmodellen. Aktien aus den Branchen zyklischer Konsum und Technologie waren daher im Monat April verstärkt von Kursrückgängen betroffen. Wir erwarten Unternehmen mit einem stabilen operativen Geschäft hingegen weiter gut unterstützt. Zudem haben wir uns insbesondere in Europa auf Werte mit geringer Kursschwankung konzentriert.

Wahlen geben Hoffnung

Die Wahlen vom vergangenen Wochenende in Europa waren ein großer Stresstest für die Institutionen und Ideale der westlichen Demokratien. Die Wiederwahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten Frankreichs gegenüber der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen sorgte in Europa für einen Seufzer der Erleichterung. Weitaus unauffälliger, aber in ihrer symbolischen Wirkung nicht minder wichtig, sind die Wahlergebnisse aus Slowenien. Überraschend verlor der dreimalige Ministerpräsident Janez Jansa, Vorsitzender der rechtspopulistischen Slowenischen Demokratischen Partei (SDS), gegen die umweltorientierte Partei Freiheitsbewegung, die für Rechtsstaatlichkeit, eine offene Gesellschaft und dem Umstieg auf grüne Energie wirbt. Bei all den trüben Nachrichten geben diese Ereignisse zumindest Hoffnung.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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