EZB-Vorsitz: Härtester Job der Welt?

EZB-Vorsitz: Härtester Job der Welt?

China und die drei Fragezeichen

Geht die Party weiter?

 

 

Autorin: Hannah Thielcke
Finanzmarkt aktuell per 28. Juli 2023
Hannah Thielcke, Portfoliomanagerin

Hannah Thielcke

Wir befinden uns mitten im Sommerloch und doch gibt es Nachrichten, die uns aufhorchen lassen. Welche das sind und was sie für Anleger bedeuten, lesen Sie in unserem „Finanzmarkt aktuell“.

EZB-Vorsitz: Härtester Job der Welt?

Während letzte Woche ein als Löwe verkleidetes Wildschwein die Berliner in Atem hielt, wartete man am Kapitalmarkt gespannt auf die Notenbanksitzungen. Dabei stand weniger die bereits allseits erwartete Leitzinserhöhung auf beiden Seiten des Atlantiks im Fokus, sondern der Ausblick der Notenbanker auf die zweite Jahreshälfte. In den USA – so berichteten wir bereits – gehen die Inflationszahlen bereits recht deutlich zurück und die gleichzeitig noch stabile Wirtschaftslage gibt der US-amerikanischen Notenbank, Federal Reserve (Fed), die Möglichkeit, noch mindestens einen weiteren Zinsschritt zu machen. Gleichzeitig sollten aus unserer Sicht die bisherigen Maßnahmen seitens der Fed ausreichen, damit die bereits rückläufige Inflation weiter Richtung der Zielmarke von 2 Prozent sinkt. Ganz anders zeigt sich gerade die Lage in der Eurozone:  Die Kernrate der Inflation (exkl. Energie- und Lebensmittelkosten) hält sich weiter auf hohen Niveaus. Die Stimmungsindikatoren aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor signalisieren ein düsteres Bild für die konjunkturelle Lage insbesondere in Deutschland. Die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands befindet sich aktuell fast auf den absoluten Tiefs der Corona-Krise. Die Zinserhöhungen, Chinas Wirtschaftsschwäche und eine globale Abkühlung der Konjunktur hinterlassen deutliche Spuren. Wie schlecht die harten Daten dann ausfallen werden, bleibt abzuwarten – ein erstes Warnsignal sollte es jedoch allemal sein. Die Europäische Zentralbank (EZB) befindet sich damit in einem Dilemma: Weitere Zinserhöhungen, um die Inflation zu bekämpfen, können die sowieso schon schwierige konjunkturelle Lage weiter verschlechtern. Mit ihrer gestrigen Sitzung hat die EZB sich die alle Optionen offengehalten und scheint auf die Abkühlung der Inflation in den nächsten Monaten zu hoffen.

China und die drei Fragezeichen

Nachdem für China nach fast drei Jahren Covid-Restriktionen zu Jahresbeginn ein regelrechter Boom prognostiziert wurde, von dem die globale Wirtschaft ebenfalls profitieren sollte, scheint dem Wachstumsmotor nun schon der Treibstoff auszugehen. Die Stimmung bei Verbrauchern und in der Wirtschaft bleibt weiter eingetrübt, und vor allem die negativen Entwicklungen am Immobilienmarkt hemmen die wirtschaftliche Erholung. Anleger stellen sich daher zunehmend die Fragen: Wird China trotz des schwächeren Wirtschaftswachstums sein Ziel von um die 5% BIP-Wachstum in diesem Jahr schaffen? Wird Chinas Wachstum mittelfristig die Luft ausgehen, da die strukturellen Probleme wie eine hohe Verschuldung und Jugendarbeitslosigkeit zu gravierend sind? Wie werden geopolitische Spannungen, insbesondere das Verhältnis zwischen China und den USA das globale Konjunkturumfeld beeinflussen? Die chinesische Regierung hat nun bei ihrem letzten Treffen zur Wirtschaftspolitik einen Pro-Wachstumskurs eingeschlagen – die nächsten Quartale werden zeigen, inwiefern der Turnaround gelingen kann.

Geht die Party weiter?

In dieser Woche hat die Berichtssaison nun so richtig Fahrt aufgenommen, weshalb eine abschließende Bilanz noch verfrüht wäre. Bisher zeigen sich jedoch die Ergebnisse im Durchschnitt doch besser als erwartet, wobei die Erwartungen an die Unternehmen im Vorfeld vergleichsweise gering ausfielen. Diese geringe Hürde konnten die Unternehmen bislang sehr gut meistern. Nach dem Rekordquartal Ende 2022 sind nun die Umsätze insgesamt zwar leicht rückläufig, jedoch nimmt gleichzeitig auch der Kostendruck spürbar ab. In Summe führt das zwar zu leicht rückläufigen Gewinnen, die absolut gesehen jedoch weiterhin auf sehr hohen Niveaus verweilen. Insofern geht die Party am Aktienmarkt vorerst weiter und Spekulationen über ein Ende des Zinsanhebungszyklus in den USA heizen die Stimmung zusätzlich an. Der Eurostoxx50 macht sich auf, seine Allzeit-Hochs aus der Zeit vor der Finanzkrise zu testen, und der amerikanische Leitindex S&P 500 schickt sich ebenfalls an, seine Hochs von Anfang 2022 auszuloten. Die Luft wird damit zusehends dünner am Aktienmarkt und negative konjunkturelle oder politische Überraschungen können schnell die Stimmung kippen. Allzu riskante Positionierungen sind aus unserer Sicht daher nicht das Mittel der Wahl. Eine deutliche Reduzierung der Aktienallokation jedoch auch nicht, da die Unternehmen weiterhin sehr solide dastehen.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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