Die Ausbreitung des Coronavirus‘ hat die Weltwirtschaft fest im Würgegriff.

Vollbremsung der Wirtschaft

Die Voraussetzungen für eine Erholung wurden geschaffen

Das Wechselbad der Gefühle sollte vorerst anhalten

 

Autor: Jan Gengel
Finanzmarkt aktuell per 27. März 2020
Jan Gengel, CEFA, CIIA, Portfoliomanager

Jan Gengel

Die Ausbreitung des Coronavirus‘ hat die Weltwirtschaft fest im Würgegriff. Auch in den USA und Großbritannien sind rasante Anstiege der Fallzahlen zu verzeichnen. Die meisten Länder haben ihre Grenzen vorübergehend geschlossen. Das öffentliche Leben ist durch deutliche Einschränkungen in der persönlichen Bewegungsfreiheit geprägt. Was vor der Krise noch als unvorstellbar galt, ist nun Realität geworden. Die globale Wirtschaft steht vor sehr tiefen Einschnitten. Die Finanzmärkte spiegeln diese Sorgen und haben darauf mit Aktienkursrückgängen von über 30 Prozent reagiert. Die Rentenmärkte sind in eine Schockstarre verfallen, in der der Handel fast gänzlich zum Erliegen gekommen ist. Doch sowohl die Politik als auch die Zentralbanken stemmen sich mit einer derartigen Entschlossenheit gegen den wirtschaftlichen Kollaps, wie sie selbst in den vergangenen Krisen nur äußert selten zu sehen war. Die aus unserer Sicht wichtigsten Aspekte lesen Sie in der heutigen Ausgabe von Finanzmarkt aktuell.

Vollbremsung der Wirtschaft

Trotz der zahlreichen und umfangreichen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus‘ steigen die globalen Fallzahlen weiterhin rasant an. In den kommenden Tagen ist mit einem weiteren Zuwachs von mit dem Coronavirus infizierten Personen zu rechnen. China, Südkorea und Japan verzeichnen hingegen eine Stabilisierung der Lage und kehren langsam zur Normalität zurück. Neben den negativen Folgen für die globalen Produktionsketten wirken sich die drastischen Beschränkungen des täglichen Lebens negativ auf die Konsumaktivitäten und den gesamten Dienstleistungssektor aus. Das Wirtschaftswachstum wird sich vor allem im 2. Quartal dieses Jahres deutlich rückläufig zeigen und in zahlreichen Ländern auch für das Gesamtjahr negative Vorzeichen aufweisen. Derzeit weisen die Vorlaufindikatoren für einzelne Industrieländer Einbrüche wie zu Zeiten der Finanzkrise auf. So wird beispielsweise für Deutschland ein Schrumpfen der Wirtschaft um die 5 Prozent für das Jahr 2020 befürchtet, einzelne Prognosen fallen gar noch negativer aus. Auch für die USA deutet sich zunehmendes Ungemach an: Bereits jetzt ist ein nie dagewesener Anstieg in den gemeldeten wöchentlichen Arbeitslosenzahlen zu sehen, und diese werden sich wahrscheinlich weiter erhöhen. Der Dienstleistungssektor wird in arge Bedrängnis geraten, so dass ein Rückgang der Wirtschaft nur noch schwer zu verhindern sein dürfte.

Die Voraussetzungen für eine Erholung wurden geschaffen

Eine Stabilisierung der Konjunktur hängt sehr von der Dauer der ökonomischen Beeinträchtigungen und damit dem Verlauf der Ausbreitung des Virus ab. Jedoch ist bereits jetzt ganz klar festzustellen, dass sowohl die Regierungen als auch die Zentralbanken die Voraussetzungen für eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte geschaffen haben. In den USA wurde bereits vom Senat ein Rettungspaket über rund 2 Billionen US-Dollar genehmigt. Das Repräsentantenhaus dürfte sich den Maßnahmen nicht grundsätzlich in den Weg stellen, selbst wenn an einzelnen Details noch gefeilscht werden könnte. Auch in Europa überschlagen sich geradezu die Informationen über neue oder erweiterte Stützungsmaßnahmen der einzelnen Staaten. So wurde beispielsweise in Deutschland ein Nachtragshaushalt von rund 156 Mrd. Euro beschlossen, um unsere Wirtschaft zu unterstützen. Zusammen mit den Maßnahmen der einzelnen Bundesländer und Kommunen belaufen sich die Rettungsschirme gar auf rund 400 Mrd. Euro oder rund 10 Prozent unserer Wirtschaftskraft. Die Notenbanken haben sich ebenfalls nicht zurückgehalten: Das Wort „Bazooka“, das in der Waffenkunde für eine Panzerfaust steht, hat sowohl bei der amerikanischen Notenbank (FED), als auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) mehr denn je Berechtigung. Mit dem „Pandemic Emergency Purchase Programme PEPP“ möchte die EZB dem Markt über Anleihekäufe bis zu 750 Mrd. Euro zur Verfügung stellen. Dabei wurden sogar die bisher geltenden maximalen Grenzen zum Kauf von Anleihen eines Staates von 33 Prozent aufgehoben. Diese Maßnahmen sind auch für die Unterstützung des Rentenmarktes von enormer Bedeutung. Durch die höheren Staatsausgaben müssen die Märkte eine Flut von Neuemissionen seitens der Staaten verkraften. Aktuell halten sich jedoch Anleger in festverzinslichen Anleihen sehr zurück, so dass der Handel nahezu vollständig zum Erliegen gekommen ist. Je schlechter die Bonität, umso deutlicher werden die Verspannungen sichtbar. Auch Unternehmensanleihen guter Bonität werden kaum noch gehandelt und weisen deutliche Bewertungsabschläge auf. Diese Liquiditätsprobleme dürften sich mit den Maßnahmen der EZB zumindest ein wenig abmildern.

Das Wechselbad der Gefühle sollte vorerst anhalten

Die beschlossenen fiskalischen und monetären Rettungspakete haben bisher nur zu einer kurzzeitigen Beruhigung des Marktes geführt. Allerdings ist diese mit Kurszuwächsen von rund 10 Prozent am Aktienmarkt an einem Tag sehr intensiv ausgefallen. Ähnlich wie bei den Kursverlusten der letzten Wochen wurden auch bei den Kursgewinnen neue Rekorde aufgestellt. Der amerikanische Dow-Jones-Index stieg mit einem Tagesgewinn von 11,4 Prozent so stark wie zuletzt 1933. Wir erwarten, dass sich das Wechselbad der Gefühle in den kommenden Wochen fortsetzen sollte. Das Umfeld für Risikoanlagen sollte kurzfristig höchst unsicher bleiben. Nach wie vor prägen Nachrichten über Konsumeinbrüche, Werksschließungen, Kurzarbeit oder gar Entlassungen das Geschehen. Die Ausblicke der Unternehmen fallen sehr negativ aus, wie es jüngst der gemeldete Ifo Index gezeigt hat. Wir halten daher vorerst an unserer defensiven Ausrichtung und der erhöhten Liquidität fest. Voraussetzung für eine Erholung bleibt ein Abklingen der Pandemie in den kommenden Wochen oder zumindest die Aussicht darauf. Dann kann es aber auch zu einer sehr schnellen Erholung an den Märkten kommen. Insbesondere die enormen Staatshilfen und die Liquiditätsbereitstellungen der Notenbanken dürften einen Aufschwung unterstützen.

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