Nachdem zuletzt die Notenbanken das Marktgeschehen maßgeblich beeinflusst haben, rückte in dieser Woche ein anderer Faktor erneut in den Fokus: der Ölpreis.

Konjunktur: unverändertes Bild

Renten: EZB ohne neue Impulse

Aktien: starker Ölpreis treibt die Kurse

 

Autor: Sascha Rehbein
Finanzmarkt aktuell per 22. April 2016
Sascha Rehbein, CFA, Portfoliomanager

Sascha Rehbein

Nachdem zuletzt die Notenbanken das Marktgeschehen maßgeblich beeinflusst haben, rückte in dieser Woche ein anderer Faktor erneut in den Fokus: der Ölpreis. Zur Erinnerung: In den vergangenen zwei Jahren musste der Ölmarkt einen Preisrückgang von über 80 US-Dollar je Barrel verkraften! Diese starke Abwärtsbewegung lässt sich vereinfacht am Grundkonzept der Marktwirtschaft erklären: Angebot und Nachfrage. Durch einen aufstrebenden Akteur (die USA) sahen sich die etablierten Marktteilnehmer (insbesondere die OPEC-Länder) mit rückläufigen Marktanteilen konfrontiert. Anstelle, wie in der Vergangenheit gewohnt, zu Zeiten von Ölpreisrückgängen die Produktion zu drosseln, hat die OPEC die Ölförderung allerdings diesmal noch weiter erhöht mit dem Hintergedanken, die US-Produzenten durch Dumpingpreise aus dem Markt zu verdrängen. Somit hat sich das Angebot von der tatsächlichen Nachfrage entkoppelt und den Ölmarkt aus dem Gleichgewicht gebracht. In den USA hat diese Entwicklung bereits deutliche Spuren hinterlassen. In den vergangenen 18 Monaten sind die Ölbohrungen um über 70 Prozent zurückgegangen und führte zu den ersten Produktionsrückgängen seit 2008. Allerdings bedrohen die niedrigen Preise nicht nur die Existenz der US-Ölunternehmen, sondern machen sich zunehmend auch in der Finanzlage der OPEC-Ländern negativ bemerkbar. Aus dieser Motivation heraus entstanden Mitte Februar Gerüchte, wonach die OPEC zusammen mit Russland Obergrenzen für die Ölproduktion beschließen wollen, um somit den Preis zu stabilisieren. Tatsächlich ist dies sehr gut gelungen. Denn seit Mitte Februar ist der Ölpreis um über 60 Prozent gestiegen und wirkte sich gleichzeitig positiv auf die globalen Aktienmärkte aus, die einen miserablen Jahresstart hinter sich hatten. Nun sollten am vergangenen Wochenende offiziell die Produktionsobergrenzen beschlossen werden. Doch eine Einigung blieb wider Erwarten aus. Wer nun einen deutlichen Einbruch im Ölpreis und gleichzeitig an den Aktienmärkten erwartet hatte, wurde überrascht. Nach einem kurzen Kurseinbruch erholte sich der Ölpreis im Laufe der Woche wieder und notierte teilweise 10 Prozent über dem Vorwochenniveau. Wir erwarten nicht, dass sich der Anstieg im Ölpreis mit der gleichen Dynamik weiter fortsetzen wird, denn zahlreiche Faktoren sprechen für anhaltenden Druck auf den Preis. Selbst wenn es zur Einigung über die Obergrenzen kommen sollte, geschieht dies auf historisch hohen Produktionsniveaus. Zudem sollte der Iran seine Produktionskapazitäten deutlich erhöhen und somit das Angebot weiter aufblähen Gleichzeitig können die amerikanischen Ölproduzenten sehr flexibel und schnell ihre Kapazitäten erhöhen, sobald die Preise attraktiver werden.

Die positive Korrelation zwischen dem Ölpreis und dem Aktienmarkt blieb auch in dieser Woche bestehen, so dass der deutsche Leitindex DAX die 10.000er Marke nicht nur verteidigen, sondern auch ausbauen konnte. Es fällt allerdings schwer, handfeste Gründe neben der Ölpreisentwicklung für die positive Entwicklung der letzten Tage zu identifizieren. Die Impulse aus der gestarteten US-Bilanzsaison fallen eher gemischt bis leicht negativ aus. Die zuletzt veröffentlichten Makrodaten geben ebenfalls wenig Anlass, euphorisch auf die globale Konjunktur zu blicken, und auch von Seiten der dieswöchigen EZB-Sitzung gab es keine neuen Impulse. Aus unserer Sicht steht die Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten auf wackligen Füßen. Für einen nachhaltigen Trend muss sich das Konjunkturbild aufhellen und insbesondere die Gewinnsituation der Unternehmen verbessern. So befinden sich die amerikanischen Unternehmen in einer Gewinnrezession und deuten auch in der aktuell laufenden Berichtssaison keinen Trendwandel an.

Nachdem die EZB auf ihrer März-Sitzung bereits ein sehr umfangreiches Maßnahmenpaket veröffentlicht hatte, gab es wie erwartet auf der gestrigen Sitzung wenig Neues zu berichten. Der Rentenmarkt zeigte sich daraufhin etwas verschnupft. Wir erwarten allerdings kurzfristig keinen starken Preisdruck am Anleihemarkt, da in den kommenden Wochen Staatsanleihen im hohen Millardenvolumen fällig werden und Investoren dementsprechend starken Wiederanlagedruck verspüren. Dies stößt auf eine EZB, die seit Anfang des Monats nicht mehr nur 60 Mrd. Euro, sondern 80 Mrd. Euro an Anleihen monatlich kaufen darf und somit in direkte Konkurrenz zu den Investoren steht. Wir empfehlen weiterhin, Investitionen außerhalb der Kernmärkte zu tätigen. Insbesondere Schwellenländeranleihen konnten zuletzt von der Erholung der Rohstoffpreise sowie den Stabilisierungstendenzen aus der chinesischen Volkswirtschaft profitieren. Die globale Konjunkturentwicklung ist weiterhin geprägt von schwachen Wachstumsraten, niedriger Inflation und wird maßgeblich von einer robusten Konsumnachfrage getragen. Dieses Bild sollte sich im Jahresverlauf nicht entscheidend ändern.

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