Autor: Daniel Schär
Finanzmarkt aktuell per 20. November 2020
Daniel Schär, Direktor Leiter Portfoliomanagement
Die Veröffentlichungen der neuesten Testergebnisse zweier Impfstoffhersteller machten zuletzt Hoffnung im Kampf gegen COVID-19 und wirkten auf Investoren elektrisierend. Trotz dessen werden die kommenden Wintermonate herausfordernd für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Wie dieses ambivalente Bild zusammenpasst und wie wir die Situation an den Kapitalmärkten einschätzen, lesen Sie in der heutigen Ausgabe von Finanzmarkt aktuell.
Licht und Schatten im Kampf gegen COVID-19
Endlich Silberstreifen am Horizont – das dachten sich in den vergangenen Tagen sicher viele, als sie die Erfolgsnachrichten zweier großer Impfstoffprojekte vernahmen. Mit einer Erfolgsquote von 90 bzw. 94,5 Prozent im Schutz vor der Krankheit COVID-19 gibt es nun tatsächlich sehr erfolgsversprechende Impfstoffkandidaten. Bisher lag die Erfolgsquote in den Tests mit ca. 50 Prozent deutlich unter diesem Niveau. Leider müssen wir die Euphorie an dieser Stelle etwas dämpfen. Natürlich ist aufgrund der deutlichen Einschränkungen des gewohnten Alltags der Wunsch nach einer Rückkehr zur Normalität enorm groß. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis die Impfstoffe großflächig einsetzbar sind und erste Erfolge zeigen. Einerseits liegt die medizinische Zulassung noch nicht vor, und es müssen weitere Tests durchgeführt werden. Andererseits darf der zeitliche und logistische Aufwand nicht unterschätzt werden, große Teile der Bevölkerung zu impfen. Bei guter Vorbereitung wird es laut Experten mindestens bis in das Jahr 2022 hinein dauern, eine Breitenimmunisierung zu erhalten. Bis dahin ist die beste Prävention die Einhaltung der mittlerweile etablierten Distanzregeln. In Europa, das zuletzt von einer heftigen zweiten Pandemiewelle erfasst wurde, lassen sich langsam erste Erfolge der jüngsten „Lockdowns“ ablesen. Länder wie Frankreich oder die Niederlande konnten durch deutliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens die exponentielle Entwicklung der Fallzahlen stoppen. Die Entwicklung erinnert an das Frühjahr und weckt mit Blick auf die Folgen für die Wirtschaft ein ungutes Gefühl. Wir erwarten jedoch keinesfalls einen Konjunktureinbruch wie zu Jahresbeginn. Vielmehr ist von einer Stagnation bzw. einem leichten Rückgang im vierten Quartal auszugehen. Die Industrie entwickelt sich derzeit relativ stabil. Lediglich der Konsum leidet. Stützend wirken die Hilfsprogramme der Regierungen. Auch wenn die Verhandlungen um das 750 Mrd. Hilfspaket der Europäischen Union derzeit stocken, wird der große ökonomische Druck die Partner zurück an den Verhandlungstisch bringen und am Ende ein Kompromiss erzielt werden. Das Jahr 2021 wird in unseren Augen trotz der aktuell noch wirkenden Belastungen eine deutliche Wirtschaftserholung mit sich bringen.
Die Zukunft ist asiatisch
Während wir uns in Europa im Würgegriff der Pandemie befinden und die USA immer noch über den zukünftigen Präsidenten debattieren, wird in Asien an der Zukunft gearbeitet. Wie zuletzt bereits von uns berichtet, hat die Region COVID-19 mittlerweile recht gut unter Kontrolle. Die Politik hat somit Spielräume, sich mit wesentlichen Zukunftsthemen zu beschäftigen. Am vergangenen Wochenende wurde ein Freihandelsabkommen mit historischer Dimension vereinbart. Es umfasst mit 14 Ländern inklusive China und Japan ca. ein Drittel des gesamten Welthandels, der künftig weitgehend zollfrei und ohne große Handelsbeschränkungen ablaufen soll. Während im Westen speziell die USA mit China hadern und in den letzten Jahren neue Barrieren aufbauten, öffnet sich der gesamte asiatische Raum und bekennt sich zu einem freien Warenverkehr. Das eröffnet unter strategischer Sicht gewaltige wirtschaftliche Chancen für die Region. Bereits ohne dieses Abkommen war Asien dabei, bis zum Jahr 2030 zur wichtigsten Wirtschaftszone der Welt heranzuwachsen.
Favoritenwechsel am Aktienmarkt
Für die Teilnehmer am Aktienmarkt ist bekanntermaßen vor allem der Blick in die Zukunft wichtig. So überrascht es nicht, dass die Nachrichten zum COVID-19-Impfstoff positiv aufgenommen wurden. Im Fokus standen dabei jedoch weniger die Impfstoffhersteller oder die bisherigen Profiteure der Krise aus dem Technologie- und Konsumbereich. Derzeit ist ein radikaler Favoritenwechsel zu zyklischen Unternehmen wie Finanztiteln, Industrieunternehmen oder zu Nebenwerten zu beobachten. Bereits im Frühsommer dieses Jahres gab es eine kurze Renaissance dieser Titel, die jedoch nicht lange anhielt. Die Frage ist, ob es diesmal tatsächlich eine reelle Chance gibt, dass diese von Investoren eher ungeliebten Unternehmen eine nachhaltige Wiederentdeckung erleben? Wir glauben, es ist an der Zeit, sich intensiver mit diesem Anlagesegment auseinanderzusetzen. Im kommenden Jahr wird COVID-19 einen geringeren Einfluss auf die Wirtschaft haben, und aufgrund der Stimuli von Staaten und Notenbanken werden wir eine globale Wirtschaftserholung verzeichnen. In diesem Umfeld sollte es zyklischen Aktien möglich sein, sich deutlich zu erholen. Anlegern sei geraten, ihre Depotaufstellung zu überprüfen und mit Blick auf das kommende Jahr sukzessive anzupassen. Wir sind in den von uns verwalteten Mandaten seit dem Sommer dabei, diese Adjustierung vorzunehmen. Die aktuelle Entwicklung bestärkt uns, diese Ausrichtung weiter zu verfolgen und auszubauen.
Haftungsausschluss:
Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.
Ansprechpartner für Journalisten:
Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388
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