Die Finanzmärkte bleiben weiter nervös und befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen expansiver Geldpolitik der Zentralbanken und schwächelnder Weltkonjunktur sowie Zinsängsten in Amerika.

Konjunktur: Positive Daten aus Amerika

Renten: Unternehmensanleihen bevorzugen

Aktien: Nervöse Stimmung an den Märkten

 

Autor: Sören Wiedau
Finanzmarkt aktuell per 20. Mai 2016
Sören Wiedau, CEFA, Portfoliomanager

Sören Wiedau

Die Finanzmärkte bleiben weiter nervös und befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen expansiver Geldpolitik der Zentralbanken und schwächelnder Weltkonjunktur sowie Zinsängsten in Amerika. Erfreuliche Konjunkturdaten kamen diesmal aus Amerika. Hier konnten sich vor allem die Einzelhandelsumsätze, welche etwa 30% des privaten Konsums in den USA ausmachen, erfreulich entwickeln. Mit einem Wachstum von 1,3% gegenüber dem Vormonat stiegen die Umsätze so kräftig wie seit einem Jahr nicht mehr. Hauptverantwortlich dafür waren die starken Automobilabsätze. Aber auch ohne Autoverkäufe verzeichneten die Einzelhandelsumsätze mit einer Zunahme um 0.8% ein starkes Wachstum. Positiv überraschen konnten auch die Industrieproduktion sowie die Baubeginne und Baugenehmigungen. Zu guter Letzt hellte sich laut der Umfrage der Universität Michigan die Stimmung unter den Verbrauchern signifikant auf. Trotz der zuletzt positiven Daten ist das Bild der amerikanischen Konjunktur immer noch verhalten. So schwächelt weiterhin das verarbeitende Gewerbe, und die US-Wirtschaft zeigt auch nach zwei schwachen Quartalen keine große Dynamik. Wir bleiben aber zuversichtlich, dass die US-Wirtschaft aufgrund des sehr guten Arbeitsmarktes sowie des solide wachsenden Privatkonsums in den kommenden Quartalen weiter an Fahrt aufnimmt.

Die europäische Wirtschaft ist gut in das Jahr 2016 gestartet. So stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal des Jahres gegenüber dem Schlussquartal 2015 um 0,5% und gegenüber dem Vorjahr um 1,5%. So stark wuchs die Wirtschaft der Währungsunion zuletzt Ende 2014. Ob sich das Wirtschaftswachstum mit dieser Dynamik weiter fortsetzten wird, ist aber fraglich. So enttäuschte die Industrieproduktion mit einem Rückgang um 0,8% gegenüber dem Vormonat die Marktteilnehmer. Im Vergleich zum Vorjahr schwächte sich das Wachstum der Industrieproduktion auf 0,2% ab. Hoffnung für eine Belebung der Konjunktur machen die Einkaufsmanagerindizes, welche sich zuletzt verbessert haben. Insgesamt sind wir für die Wirtschaftserholung in Europa zuversichtlich gestimmt, ein nachhaltig höheres Wirtschaftswachstum ist allerdings zur Zeit nicht zu erkennen.

Der deutsche Rentenmarkt hat zuletzt einen kleinen Dämpfer bekommen. So stieg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen innerhalb einer Woche von 0,10% auf ca. 0,19%. Anziehende Inflationserwartungen sowie das Sitzungsprotokoll der US-Notenbank (Fed) führten zu dem Renditeanstieg. Laut dem Protokoll spricht sich die Mehrheit der Ausschussmitglieder für eine Zinserhöhung im Juni aus, sollte die Wirtschaft wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad einschwenken und die Inflation sich in Richtung 2% bewegen. Die Finanzmärkte preisen derzeit eine Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Juni von 32% ein. Vor dem Hintergrund der zeitlichen Nähe der nächsten US-Notenbank-Sitzung zur Abstimmung über den Verbleib Grossbritanniens in der Europäischen Union am 23. Juni halten wir eine Zinserhöhung erst im Juli bzw. September für wahrscheinlicher. Insgesamt gehen wir von zwei US-Zinserhöhungen in diesem Jahr aus. Auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) weitere Zinssenkungen ausschließt, bleiben diese aus unserer Sicht möglich. Wir erwarten insgesamt keinen starken und langristigen Renditeanstieg bei deutschen Staatsanleihen, würden aber aufgrund der Rendite/Risiko- Struktur Unternehmensanleihen sowie Rentenpapiere aus Schwellenländern bevorzugen.

Die Stimmung an den europäischen Aktienmärkten bleibt nervös. Zuletzt wirkten sich die schwächelnde Weltkonjunktur, Diskussion um das Tempo der Leitzinserhöhungen in Amerika sowie politische Unsicherheiten wie z.B. der sogennante „Brexit“ negativ auf die Aktienmärkte aus. Auch von der Berichtsaison kamen keine positiven Impulse. Zwar konnten die Mehrzahl der europäischen Unternehmen die in sie gestellten Gewinnerwartungen übertreffen, die Umsatzschätzungen wurden hingegen überwiegend nicht erreicht. Amerikanische Aktien aus dem S&P 500 Index verzeichneten gegenüber dem Vorjahr einen Gewinnrückgang von mehr als 8%. Dies ist der vierte Gewinnrückgang in Folge und der schlechteste Wert seit der Finanzmarktkrise. Insgesamt befinden sich die Aktienmärkte in einem Spannungsfeld zwischen Konjunktursorgen, politischer Unsicherheit und fallenden Gewinnen einerseits und expansiver Geldpolitik, attraktiver Bewertung sowie relativer Attraktivität (Aktien zu Renten) andererseits. Aus unserer Sicht wird vor der „Brexit“-Entscheidung die Unsicherheit hoch bleiben und die Aktienmärkte lähmen. Mittelfristig sollte sich das extrem niedrige Zinsumfeld und der damit verbunden Anlagedruck privater und institutionelle Anleger positiv auf die Aktienmärkten auswirken.

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