Interviews und Pressekonferenzen standen neben Twitter-Nachrichten hoch im Kurs.

Aktien: Trumps Äußerungen noch unklar

Renten: Divergenz der Zinsentwicklung in den USA und Europa

Konjunktur: Europa solide, USA kräftig

 

Autor: Jens Herdack
Finanzmarkt aktuell per 20. Januar 2017
Jens Herdack,  CEFA, CIIA, Portfoliomanager

Jens Herdack

Interviews und Pressekonferenzen standen neben Twitter-Nachrichten in der letzten Woche hoch im Kurs. So konnten wir den twitternden Donald Trump nun sowohl bei seiner ersten offiziellen Pressekonferenz beobachten, als auch ein Interview mit den beiden europäischen Zeitungen „Bild“ und „The Times“ lesen. Daneben stand die Erklärung von Theresa May zum Vorgehen Großbritanniens beim Austritt aus der Europäischen Union an. Aber der Reihenfolge nach: Viele Investoren und Analysten hatten sich von der Pressekonferenz des designierten US-Präsidenten etwas mehr Klarheit über seine zukünftige Politik erhofft. Doch am Ende blieb die Pressekonferenz im Kontext der bisher eher schwierig zu verstehenden Kommunikation des neuen US-Präsidenten. Zu wenig Konkretes wurde an den Märkten mit Ernüchterung aufgenommen, und so bleibt Trump für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln. Das könnte jedoch bewusste Taktik sein, denn schließlich sieht sich Trump selbst nach wie vor eher als „Dealmaker“ denn als Politiker. Das bestätigt er auch im erwähnten Zeitungsinterview: „Schauen Sie, ich bin kein Politiker, ich gehe nicht raus und sage: Ich werde dies tun, ich werde das tun. […] Wer spielt Karten schon so, dass er jedem zeigt, was er auf der Hand hat, bevor er ausspielt?“ Solche Aussagen enttäuschen natürlich die Marktteilnehmer, die mit Unsicherheit in der Regel schlecht umgehen können. Aber im Moment sieht es so aus, als dass wir uns alle an diesen Politikstil gewöhnen und damit arbeiten müssen. Als konkreter wurden hingegen die Äußerungen der neuen britischen „eisernen Lady“ Theresa May wahrgenommen. Danach deutet sich nun doch ein recht „harter Brexit“ an. Zumindest schloss Frau May eine halbherzige Teillösung von der EU aus. Sie steht für eine klare Trennung Großbritanniens vom Festland. Sie will den EU-Binnenmarkt verlassen, aber gleichzeitig ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU verhandeln. Dabei trifft sie auf Verhandlungspartner, deren Ziel es aus Abschreckungsgründen gegen weitere Austritte sein dürfte, ein solches Abkommen in jedem Fall schlechter auszugestalten, als es bei einer vollen EU-Mitgliedschaft der Fall wäre. Insofern stehen ihr wohl harte Verhandlungen bevor. Ganz überraschend sprang ihr in den letzten Tagen Donald Trump zur Seite, indem er ankündigte, er stünde für den Abschluss eines Handelsabkommens mit Großbritannien bereit.

Sowohl die Aktien- als auch die Rentenmärkte konnten mit diesen Informationen offensichtlich eher wenig anfangen. Die Aktienmärkte taumelten per Saldo seitwärts, und die Staatsanleihenrenditen verharrten auf gestiegenem Niveau. Lediglich die Währungsmärkte zeigten leichte Reaktionen: So verlor der US-Dollar noch während der Trump- Pressekonferenz leicht an Boden, während das Britische Pfund bei Mays Ansprache gut 2% zulegen konnte. Insgesamt blieb die letzte Woche aber ohne deutliche Marktbewegungen. Perspektivisch stellt sich die Frage, inwiefern die kurzen Beine, die politische Börsen sprichwörtlich haben, sich deutlich verlängern könnten. Dieses wäre in dem Moment denkbar, wenn politische Entscheidungen das fundamentale Umfeld wesentlich verändern. Steuersenkungen auf 10- 20% oder massive Infrastrukturprogramme von Trump bzw. der Verlust des sogenannten EU-Passes für die Finanzunternehmen in Großbritannien wären deutliche Signale diesbezüglich. Dabei wären diese Experimente eigentlich unnötig. Denn die Konjunktur entwickelt sich sowohl in den USA als auch in Europa weiter in die richtige Richtung. So wird das annualisierte Wachstum des US-Bruttoinlandsproduktes fürs vierte Quartal solide über 2% erwartet, die Lohnerhöhungen in den USA fielen so hoch aus wie zuletzt 2009 und die Einkaufsmanagerindizes signalisieren weiter ein sehr gutes Wachstumsumfeld. In Europa zeigte sich die Industrieproduktion leicht verbessert, der Konsum stark und diverse Stimmungsindikatoren fast schon zu euphorisch.

Die Aktienmärkte werden wohl auf der Suche nach einem klareren Bild bezüglich der Trump’schen Politik zunächst weiter abwartend reagieren. Selbst der euphorische Anstieg der Aktien kleinerer und mittlerer US-Unternehmen als mögliche Hauptprofiteure ist vorerst zu einem Halt gekommen. Die Rentenmärkte müssen die zuletzt geänderten Rendite- und Inflationserwartungen erst einmal verdauen. Allerdings halten wir nach wie vor eine nachhaltige Zinswende in Europa für unwahrscheinlich, da die EZB die Fortsetzung ihrer Kaufprogramme ja bereits bis Ende 2017 verkündet hat. Wahrscheinlicher ist eine solche hingegen in den USA. Hier äußerte sich sogar die Zentralbankpräsidentin Janet Yellen am Mittwochabend ungewohnt restriktiv, indem sie davor warnte, dass zu zögerliche Zinsanhebungen sich „bitter rächen“ könnten. Somit sollte sich die Divergenz der Zinspolitik zwischen den USA und Europa fortsetzen, was dem US-Dollar weiteren Aufwertungsdruck bescheren dürfte.

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Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

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