Es ächzt im Gebälk der europäischen Union.

Autos bremsen deutsches Wachstum aus

EZB in der Zwickmühle

Favoritenwechsel am Aktienmarkt

 

Autor: Daniel Schär
Finanzmarkt aktuell per 16. November 2018
Daniel Schär, Direktor Leiter Portfoliomanagement

Daniel Schär

Es ächzt im Gebälk der europäischen Union. Der vermeintliche BREXIT-Deal der Briten wurde zwar vom Kabinett gebilligt, wird von Teilen des Parlaments jedoch als nicht tragbar empfunden. Der deutsche Wachstumsmotor stottert. Italien macht, was es will, und ignoriert die mahnenden Worte aus Brüssel zum geplanten Staatshaushalt. Wie wir die Ereignisse bewerten und die Situation an den Kapitalmärkten einschätzen, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“.

Autos bremsen deutsches Wachstum aus

Und sie bewegt sich doch! – Endlich kommt etwas Schwung in die zähen BREXIT-Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien. Monatelang hat man gerungen und taktischen Tricks angewandt, um das Optimum herauszuholen. Nun hat man sich offiziell auf einen Scheidungsvertrags geeinigt. Wie bei jeder Scheidung fühlt sich jedoch nicht jede Seite wohl mit dem ausgehandelten Kompromiss. Das britische Kabinett trägt den Vertrag, allerdings gab es gleich danach auch mehrere Rücktritte aus dem Kreise der Regierung. Als nächstes muss die EU auf einem Sondergipfel am 25.11.2018 ihre Zustimmung erteilen. Am Ende des Tages muss Theresa May aber das britische Parlament überzeugen, den Vertrag abzusegnen. Etliche britische Parlamentarier hadern, ob sie dem Vertrag ihre Zustimmung geben sollten. May macht die Optionen jedoch sehr deutlich: „This deal, no deal or no BREXIT“. Die Unsicherheit bleibt uns hier also bis zum Jahresende erhalten. Für viele Volkswirte nicht ganz überraschend meldete die deutsche Wirtschaft mit einem Rückgang des BIP um 0,2 Prozent im dritten Quartal das schwächste Wachstum seit gut drei Jahren. Hauptauslöser für die Entwicklung war jedoch nicht eine breit angelegte Eintrübung der Wirtschaftsdynamik, sondern vielmehr ein spezifisches Problem einer Branche. Wieder einmal war die Autoindustrie schuld. Aber nicht die heißdiskutierte Diesel-Thematik oder der disruptive Wandel zur Elektromobilität waren Auslöser, sondern die Umstellung auf den internationalen Standard der Abgasmessung (WLTP). Der Wechsel dauert länger als gedacht. Die gute Nachricht aber ist, dass das Interesse der Kunden an Autos keineswegs eingebrochen ist. Somit sollten spätestens zu Beginn des Jahres 2019 Nachholeffekte in Form eines Produktionsanstiegs sichtbar werden.

EZB in der Zwickmühle

Die italienische Regierung hat klargemacht, den Forderungen der Europäischen Union nach Überarbeitung der Budgetplanung nicht nachkommen zu wollen. Sie bleibt bei dem Plan einer Neuverschuldung von 2,4 Prozent im kommenden Jahr. Die EU wird nun offiziell ein Verfahren gegen die Italiener einleiten. Dieser Papiertiger hat bisher noch nie einen großen Schrecken verbreiten können. Mehr Wirkung kann da schon ein möglicher weiterer Anstieg der Risikoprämien für italienische Staatsanleihen bzw. ein Kaufstopp der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgrund einer weiteren Ratingverschlechterung Italiens erzeugen. Der Diskurs sollte uns bis in das Jahr 2019 hinein begleiten. Die EZB hat ohnehin derzeit andere Sorgen. Durch den abnehmenden Inflationsdruck aufgrund des drastischen Ölpreisverfalls und der Wachstumsabschwächung der europäischen Volkswirtschaften gerät sie zunehmend unter Druck, ihre geldpolitische Straffung wie ursprünglich geplant umzusetzen. Die nächste Sitzung des EZB-Gremiums Mitte Dezember sollte mehr Klarheit über den künftigen Kurs der Notenbank schaffen.

Favoritenwechsel am Aktienmarkt

Unsicherheit ist bekanntermaßen Gift für die Aktienmärkte. Und so haben die oben geschilderten Faktoren, aber auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China, dem Nervenkostüm der Investoren im Jahresverlauf stetig zugesetzt. Da verwundert es auch nicht, wenn sich das Verhalten der Anleger gewandelt hat. Wurden gute Unternehmenszahlen zu Jahresbeginn noch mit kräftigen Kursanstiegen honoriert, werden diese aktuell lediglich beruhigend zur Kenntnis genommen. Enttäuschungen werden hingegen mit deutlichen Kursabschlägen quittiert. Eine differenzierte Bewertung fällt vielen Anlegern derzeit schwer. Dabei sind die Daten, die die Unternehmen berichten, nicht so schlecht, wie es sich anfühlt. In den USA konnten die Gewinne im dritten Quartal mit ca. 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich zulegen. Die Steuerreform vom Jahresbeginn sorgt hier weiter für Rückenwind. Mit Blick auf das kommende Jahr wird sich die Dynamik ganz klar abschwächen. Die Ausblicke der Unternehmen sind auch aufgrund der Unwägbarkeiten bzgl. des Handelskonfliktes verhaltender geworden. Nichtsdestotrotz wird mit einem Gewinnzuwachs von stattlichen 10 Prozent gerechnet. Auch die Aktiengesellschaften in Europa berichteten mehrheitlich positive Zahlen. So wuchsen hier die Erträge um ca. 13 Prozent. Insgesamt also eine solide fundamentale Lage. Die vielen Unwägbarkeiten bewegen die Anleger jedoch zu einem Favoritenwechsel und der Bevorzugung defensiver Anlagen aus den Branchen Gesundheit, Telekom und Konsum. Wir halten eine vorsichtigere Aufstellung derzeit ebenfalls für angemessen und haben uns in den entsprechenden Segmenten verstärkt bzw. die Kasse erhöht.

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