Investiert bleiben!

Folgenschwerer Wendepunkt

Die Aussichten werden trüber

Investiert bleiben!

 

Autor: Bastian Ernst
Finanzmarkt aktuell per 8. April 2022
Bastian Ernst, Portfoliomanager

Bastian Ernst

Das erste Quartal war durch den Krieg in der Ukraine, steigende Inflationsraten und die restriktiver werdenden Notenbanken geprägt. In der aktuellen Ausgabe von Finanzmarkt aktuell beleuchten wir in einer Rückschau den Auftakt dieses Jahres und erläutern unsere Einschätzung der gegenwärtigen Entwicklungen.

Folgenschwerer Wendepunkt

Am 24. Februar 2022 startete die russische Invasion des souveränen Nachbarstaates Ukraine. Mit diesem Tag wurde sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Situation in großen Teilen der Welt auf den Kopf gestellt. In Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Angriff wurden innerhalb kürzester Zeit weitreichende Sanktionen gegen das russische Regime verhängt. Aus wirtschaftlicher Sicht steht insbesondere die Relevanz Russlands als Energieexporteur im Vordergrund. So bezieht Europa rund 40 Prozent seiner Gaslieferungen aus Russland. Preise von Rohstoffen wie Öl und Gas, aber auch Industrie- und Edelmetalle oder Agrarrohstoffe legten in Folge des Angriffs kräftig zu. Die ohnehin schon deutlich angestiegene Inflation wird hierdurch weiter befeuert. Inflationsraten von 7,5 Prozent in der Eurozone und 7,9 Prozent in den USA waren letztmalig vor rund 40 Jahren zu verzeichnen. Dies hinterließ auch am Rentenmarkt Spuren. In den besonders durch Unsicherheit geprägten Tagen nach Beginn des Krieges konnten Staatsanleihen zwar von einer kurzfristigen Flucht in Sicherheit profitieren, die Angst vor einer Verschärfung der Inflation führte jedoch schnell zum stärksten Renditeanstieg zehnjähriger Bundesanleihen innerhalb eines Quartals seit 1994. Damals erzielten Bundesanleihen allerdings Renditen über 7 Prozent und konnten Kursverluste durch die laufende Verzinsung teilweise abpuffern. Das aktuelle Niedrigzinsumfeld bietet dagegen keinen Puffer, sodass ein deutlich negatives Ergebnis bei Renteninvestments zu Buche schlägt. Auch die Aktienmärkte zeigten sich angesichts der geopolitischen Unsicherheiten schwankungsintensiv und weisen negative Vorzeichen auf. Die zwischenzeitlich größeren Verluste konnten im März jedoch merklich verringert werden. So beendete der MSCI World Index das erste Quartal mit einem Rückgang von nur 2,9 Prozent aus Sicht eines Euro-Anlegers.

Die Aussichten werden trüber

Angesichts der unsicheren Entwicklung des Konfliktes stellen sich Prognosen der künftigen Wirtschaftsentwicklung als schwierig dar. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass die Rohstoffpreise längere Zeit auf hohem Niveau verbleiben werden und es zu einer Eintrübung des Wirtschaftswachstums kommen wird. Von besonderer Bedeutung für den künftigen Konjunkturpfad wird sein, ob es zu einem Stopp der Öl- und Gaslieferungen nach Europa kommen wird. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Inflation im Jahresverlauf rückläufig sein würde, sobald sich die Pandemiebedingten Störungen der globalen Lieferketten entspannen. Der Krieg in der Ukraine sowie erneute Lockdowns in China werden nun zu einer länger anhaltenden hohen Teuerungsrate führen. Dies bringt die Notenbanken in ein Dilemma: Einerseits müssen sie dem Preisdruck mit einer Straffung ihrer Geldpolitik begegnen, andererseits darf die Konjunktur, welche ohnehin durch die steigenden Rohstoffpreise gebremst wird, nicht abgewürgt werden. Die Notenbanken stehen somit vor einem schwierigen Balanceakt. Dies wird auch durch die US-Zinskurve verdeutlicht. Die Differenz der Rendite zwischen zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen invertierte zuletzt. Das heißt, die Rendite zweijähriger Anleihen lag zeitweise oberhalb der Rendite zehnjähriger Anleihen. Volkswirte interpretieren dies auf Basis historischer Daten als Signal einer bevorstehenden wirtschaftlichen Eintrübung. Im März begann die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erstmals seit 2018 mit der Anhebung ihres Leitzinses. Am Markt werden derzeit acht weitere Zinsschritte für das laufende Jahr eingepreist. Darüber hinaus kündigte die Fed in dieser Woche an, ab Mai monatlich Anleihen im Wert von 95 Mrd. US-Dollar von ihrer Bilanz abzubauen. Angesichts der stärkeren Betroffenheit Europas von den Sanktionen gegenüber Russland dürfte der konjunkturelle Effekt hierzulande stärker ausfallen als in den USA. Deshalb deutet sich in Europa eine vorsichtigere Straffung der Notenbankpolitik an, als in den USA.

Investiert bleiben!

Der anhaltende Inflationsdruck sowie die Zinsanhebungen der Notenbanken dürften zu einem weiterhin herausfordernden Umfeld für festverzinsliche Anlagen führen. Wir bevorzugen daher kürzere Laufzeiten und variabel verzinsliche Anleihen. Aktien dürften angesichts der weiterhin hohen Unsicherheiten ebenfalls volatil bleiben. Wir empfehlen jedoch die Aktienquoten nicht zu reduzieren und am Aktienmarkt investiert zu bleiben. Die aktuell starken Kursveränderungen erfolgen in beide Richtungen und seit Ausbruch des Krieges konnten globale Aktien sogar eine positive Wertentwicklung verzeichnen. Somit besteht die Gefahr, besonders ertragreiche Tage zu verpassen, was langfristig zu erheblichen Ertragseinbußen führen kann. Denn auch wenn die Nominalzinsen gestiegen sind, so hat die Realverzinsung in Europa mit -6,9 Prozent jüngst einen neuen Negativrekord verzeichnet. Entsprechend ist ein realer Kapitalerhalt nur durch eine ausreichende Allokation von Aktien zu erreichen. Wir raten dazu, sich nicht von der langfristigen Strategie abbringen zu lassen und über kurzfristig größere Schwankungen hinauszublicken. Wir empfehlen vor allem, auf Unternehmen zu setzen, welche langfristig stabil sind. Wir bevorzugen Unternehmen mit einer geringen Verschuldung sowie hohen und stabilen Margen. Diese zeichnen sich durch eine ausgezeichnete Preissetzungsmacht aus und können steigende Kosten mittels Preisanpassungen weitergeben. Dadurch sollten die Unternehmen im aktuellen Umfeld profitieren. Zudem präferieren wir den US-amerikanischen Aktienmarkt. Die USA sind in einem deutlich geringeren Maß von Energieimporten abhängig und weniger von Sanktionen gegenüber Russland betroffen.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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