Autor: Sascha Rehbein
Finanzmarkt aktuell per 8. Januar 2016
Sascha Rehbein, CFA, Portfoliomanager
„Das war wohl nix!“ So könnte man den Jahresauftakt an den globalen Aktienmärkten beschreiben. Schon am ersten Handelstag des neuen Jahres musste der chinesische Aktienmarkt starke Kursverluste verkraften, so dass es zum Handelsstopp kam und die Märkte geschlossen wurden. Dies wurde unter anderem mit weiteren Wachstumssorgen aufgrund der Stimmungseintrübung in der chinesischen Industrie begründet. Gleichzeitig setzte der chinesische Yuan seinen Abwertungstrend fort und notiert gegenüber dem US-Dollar mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit fünf Jahren. Die europäischen und amerikanischen Aktienindizes konnten sich dem Abwärtsstrudel nicht entziehen und verzeichneten hohe Auftaktverluste. So erlitt zum Beispiel der deutsche Leitindex DAX den schwächsten Börsenstart seit 1988. Wer auf eine schnelle Gegenbewegung gehofft hatte, wurde stark enttäuscht. Denn am Donnerstag wiederholte sich der Handelstopp in China, und diesmal wurden die Märkte sogar innerhalb der ersten 30 Minuten wieder geschlossen. Dies drückte den DAX unter die wichtige 10.000er Marke und unterstreicht erneut die aktuelle Verunsicherung der Marktteilnehmer. Aus unserer Sicht hat sich an der fundamentalen Situation in China allerdings keine wesentliche Verschlechterung ergeben. Die chinesische Volkswirtschaft befindet sich in einem gesteuerten Wandel von einer Industrie- hin zu einer Dienstleistungsnation. Dies geht einher mit niedrigeren Wachstumszahlen, einer Öffnung des Kapitalmarktes und weiteren Reformen. Allerdings führt dies auch zu Sorgen, ob dieser politisch gelenkte Wandel tatsächlich erfolgreich durchgeführt werden kann, und drückt sich somit in ungewohnt hohen Schwankungen am Kapitalmarkt aus. Wir reagieren auf die jüngsten Turbulenzen besonnen und reduzieren das Marktrisiko nur leicht. Denn wir bleiben mittelfristig positiv für die Aktienmärkte gestimmt, insbesondere für Europa. Maßgeblicher Treiber ist weiterhin die expansive Geldpolitik der EZB, der schwache Euro und eine solide Erholung nicht nur in den Kernländern, sondern auch in der Peripherie.
Diese Erholungstendenzen in Europa wurden in den vergangenen Tagen durch Frühindikatoren wie die Einkaufsmanager-Umfragen und Stimmungsindizes von der EU-Kommission bestätigt. Somit sehen wir für die europäische Volkswirtschaft in diesem Jahr eine Fortsetzung der Erholung voraus. Auch in den USA sollte der solide Wachstumspfad bestehen bleiben, so dass die US-Notenbank Fed weitere Zinsschritte vornehmen kann. Das Wachstum in beiden Regionen stützt sich allerdings fast ausschließlich auf einen starken Konsum. Daher ist es für eine nachhaltig positive Entwicklung relevant, dass Investitionen anziehen und die Industrie einen positiven Wachstumsbeitrag liefert. Zumindest sind die Auftragseingänge in Deutschland zuletzt zweimal in Folge gestiegen, und auch die Kreditvergabe an europäische Unternehmen zeigt einen ersten Hoffnungsschimmer.
Auch EZB-Präsident Draghi hat die Kreditvergabe stark im Blick. Mit Hilfe des Anleihekaufprogramms versucht die EZB, den Banken Liquidität für die Kreditvergabe zu verschaffen, um somit mittelfristig die Inflation anzukurbeln. Tatsächlich wird aber diese freie Liquidität nicht in das Wirtschaftssystem gegeben, sondern zu Strafzinsen bei der EZB geparkt. Somit wird sich Präsident Draghi wohl auch in diesem Jahr gezwungen sehen, weitere expansive Maßnahmen zu verkünden, um die Inflation in die Nähe der 2%-Zielmarke zu bewegen. Das sollte am Rentenmarkt zunächst für weiter fallende bzw. anhaltend niedrige Renditen führen. Gleichzeitig warnen wir vor einem sorglosen Engagement am Rentenmarkt. Durch die massiven Anleihekäufe entzieht die EZB dem Anleihemarkt Investitionsmöglichkeiten und erhöht die Schwankungsintensität. Dies wurde im ersten Halbjahr 2015 ersichtlich, nachdem ein sukzessiver Renditerückgang von zwei heftigen Renditeanstiegsphasen gefolgt wurde. Dementsprechend empfehlen wir weiterhin, mit aktiven Management und breiter Streuung am Rentenmarkt investiert zu sein.
Einer der stärksten Einflussfaktoren für den Rentenmarkt in den vergangenen Quartalen war die Entwicklung der Rohstoffmärkte, insbesondere des Ölpreises. Einhergehend mit den Wachstumssorgen in China ist der Ölpreis in dieser Woche deutlich unter Druck geraten und notiert sogar unter den Tiefstständen zu Zeiten der Finanzkrise. Selbst die Zuspitzung im Konflikt zwischen dem Iran und Saudi Arabien konnte den Ölpreisverfall nicht stoppen. Wir erwarten für die kommenden Monate keine nachhaltige Erholung im Ölpreis, zumindest nicht so lange die Produktion auf dem aktuell hohen Niveau verbleibt.
Haftungsausschluss:
Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.
Ansprechpartner für Journalisten:
Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388
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