Teurer einkaufen und noch teurer weiterverkaufen

Teurer einkaufen und noch teurer weiterverkaufen – geht das?

Versteht der Markt die EZB nicht, oder will er sie nicht verstehen?

Investieren im Umfeld steigender Renditen – was geht, was nicht?

 

Autor: Jens Herdack
Finanzmarkt aktuell per 5. November 2021
Jens Herdack,  CEFA, CIIA, Portfoliomanager

Foto Jens Herdack

Die Kosten für Rohstoffe schossen für die meisten Unternehmen in den letzten Monaten durch die Decke. Trotzdem stiegen die Kurse ihrer Aktien insgesamt wieder auf neue Allzeithochs. Wie ist eine solche Bewegung zu erklären, und wie geht es an den Börsen vor dem Hintergrund der angestiegenen Inflation weiter?
Das erfahren Sie in der neuen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“:

Teurer einkaufen und noch teurer weiterverkaufen – geht das?

Die gestiegenen Rohstoff- und Vorproduktpreise haben wir in den letzten Ausgaben von „Finanzmarkt aktuell“ bereits häufiger thematisiert. Insofern war es spannend zu sehen, wie die betroffenen Unternehmen mit dieser angespannten Einkaufssituation umgehen. Zumal die Lieferketten weiterhin gestört sind. Die aktuell laufende Berichtssaison der Unternehmen zu ihren Ergebnissen des dritten Quartals gab hierzu einen guten Überblick. Und der war erstaunlich: Nicht nur ist es den Firmen im abgelaufenen Quartal geglückt, ihren Gewinn deutlich zu steigern. Es ist ihnen vielmehr sogar gelungen, ihre Margen weiter auszubauen. So zeigte sich etwa für die Unternehmen des US-amerikanischen S&P 500 Index, dass sie ihre operative Marge in diesem Jahr im Schnitt von 10 auf 15 Prozent ausbauen konnten. Ähnliches gilt für die europäischen Unternehmen, wenngleich auf etwas niedrigerem Niveau. Besonders stechen globale Technologieunternehmen hervor, die ihre Margen sogar auf neue Allzeit-Hochs steigern konnten. Diese Preisüberwälzungsmacht zeigt sich nun auch vice versa in den ansteigenden Preisen für die Verbraucher, die als letztes Glied der Kette diese gestiegenen Kosten tragen müssen.

Versteht der Markt die EZB nicht, oder will er sie nicht verstehen?

Die europäische Notenbank (EZB) bleibt trotz gestiegener Inflationszahlen weiter ihrer These treu, dass es sich bei den Preisanstiegen nur um einen temporären Effekt handelt und sie deshalb ihre expansive Geldpolitik nicht so bald einkürzen wird. Die Marktteilnehmer vertreten im Moment eine andere Haltung. Hier waren beispielsweise bei deutschen Bundesanleihen zuletzt weiter Renditeanstiege zu verzeichnen, u.a. auch, weil EZB-Präsidentin Largarde in der abgelaufenen Woche etwas unscharf in ihren Aussagen gewirkt hatte. Trotzdem glauben wir, dass der Renditeanstieg in seinem Potential aufgrund der bisher geäußerten Absichten der EZB begrenzt sein sollte. Ein anderes Bild zeigt sich in den USA, wo die US-Notenbank Fed im November in das sogenannte Tapering, also die schrittweise Reduzierung ihrer Anleihenkäufe, einsteigen wird, um diesen Prozess ungefähr Mitte 2022 abzuschließen. In der Diskussion ist dann eine Leitzinsanhebung, die am Markt für das dritte oder vierte Quartal 2022 erwartet wird. Deshalb sehen wir in den USA auch ein größeres Renditeanstiegspotential als in Europa.

Investieren im Umfeld steigender Renditen – was geht, was nicht?

Wie müssen Investoren vor diesem Erwartungshintergrund reagieren? Sollte man z.B. Aktien in einem solchen Umfeld lieber reduzieren? Ein Blick auf vergangene Zyklen zeigt, dass Unternehmen historisch sehr gut in einem Inflationsumfeld agieren konnten. So zeigt sich ein erstaunlich guter Gleichlauf zwischen Inflation und Gewinnveränderungsraten von US-Unternehmen. Diese konnten Ihre Gewinne im Umfeld steigender Inflationszahlen seit den 1980er Jahren fast immer steigern. Preissteigerungen konnten also, wie in der aktuellen Phase, auch historisch an die Kunden durchgereicht werden. Insofern sehen wir aktuell keinen Anlass, die Aktienquote aus Sorge vor steigenden Inflationsraten bzw. Renditen abzusenken. Allerdings lohnt ein verstärkter Blick auf die Branchen. Als Gewinner in einem steigenden Renditeumfeld gelten z.B. Banken, Versicherungen oder Industriewerte. Auch dürften die US-Märkte im nächsten Jahr von Aktienrückkaufprogrammen diverser Unternehmen profitieren. So haben sich die US-Unternehmen in diesem Jahr bis Ende Oktober von ihren Aktionären bereits die Autorisierungen für den Rückkauf eigener Aktien in Höhe von über 900 Mrd. US-Dollar eingeholt. Im Zusammenspiel mit den angesprochenen starken Margenentwicklungen dürften wir an den Börsen also weitere Kurssteigerungen sehen. Nicht umsonst erreichten zahlreiche europäische und amerikanische Börsenindizes in der abgelaufenen Börsenwoche neue Höchststände.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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