Der deutsche Leitindex DAX klettert auf ein neues Allzeithoch.
Autor: Johannes Flieckenschildt
Finanzmarkt aktuell per 5. Mai 2017
Johannes Flieckenschildt, Portfoliomanager
Tief durchgeatmet haben die Finanzmärkte nach der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Das Schreckensszenario für die Stichwahl, ein Duell zwischen dem rechten und dem linken politischen Extrem, konnte abgewendet werden. Entsprechend legte etwa der französische Leitindex CAC 40 gut 4,5 Prozent zu, und auch der Euro wertete gegenüber dem US-Dollar um rund 2 Prozent auf. Zudem kletterte der deutsche Leitindex DAX auf ein neues Allzeithoch. Statt des „Duells der Extreme“ kommt es nun am Sonntag zum Aufeinandertreffen von Marine Le Pen und dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron, der mit einem linksliberalen und europafreundlichen Programm ins Rennen geht. Die Umfragen sehen letzteren deutlich vorne, die US-Wahl und der Brexit lehren uns aber, dass gerade in der heutigen Zeit politische Umwälzungen überraschen können. Es bleibt also ein Restrisiko bestehen, auch wenn vieles für einen Sieg Macrons spricht.
Wir wollen die kleine Verschnaufpause von den zahlreichen politischen Ereignissen nutzen, um den fundamentalen Daten an den Aktienmärkten wieder größere Beachtung zu schenken. Denn diesseits und jenseits des Atlantiks läuft aktuell die Berichtssaison. Die europäischen Unternehmen haben dabei bisher von ausgesprochen positiven Gewinnzuwächsen berichtet. Auf der anderen Seite des Atlantiks konnten auch die US-Unternehmen bisher mit sehr gutem Gewinnwachstum überzeugen und haben sogar vorläufig das beste Ergebnis seit 2011 veröffentlicht. Insbesondere der Rohstoffsektor kann sich aufgrund der gedrosselten OPEC-Produktion profilieren, und auch Banken und IT zeigen sich in einem sehr guten Zustand. Im Gegensatz zum europäischen Aktienmarkt sind die US-Aktienkurse aber schon weit vorausgelaufen. Erst langsam gleichen sich die Gewinne diesen hohen Erwartungen an. Wir bleiben deswegen geneigt, unsere Allokation weiter in Richtung des europäischen Marktes zu verschieben.
Wenn wir von der Unternehmensebene einen Schritt zurück machen und uns die makroökonomische Brille aufsetzen, fügen sich die positiven Unternehmensdaten als weiteres Puzzleteil in ein positives Gesamtbild ein. In den USA hat das Wirtschaftswachstum für das erste Quartal zwar etwas enttäuscht, aber nicht nur die Analysten, sondern auch die amerikanische Zentralbank Fed sehen darin keinen nachhaltigen Dämpfer für den zuletzt sehr guten Wachstumspfad. Grund ist, dass ein statistischer Effekt hier maßgeblich für Verzerrungen gesorgt hat. Schaut man sich die Daten detaillierter an, ist es erfreulich zu sehen, dass die Investitionen gute Wachstumsbeiträge aufweisen, gerade auch im Kontext der Unsicherheit, die nach der US-Wahl groß war. Es zeigt sich somit, dass viele Unternehmen dieser Unsicherheit getrotzt haben. Aber nicht alles ist rosig, wenn man über den Atlantik schaut. Gerade hinter einigen wirtschaftsfreundlichen Reformen, die von der US-Regierung angekündigt wurden, stehen noch Fragezeichen, was ihre tatsächliche Umsetzung betrifft. Das schadet zwar nicht direkt der guten Verfassung der US-Wirtschaft, limitiert aber derzeit zusätzliches Aufwärtspotential.
In Europa ist das konjunkturelle Bild ebenfalls positiv. Doch hier zeigt sich ein Paradoxon: Die realen Daten weichen deutlich von den Stimmungsumfragen ab. Letztere signalisieren ein Wachstum um die 4 Prozent, während das tatsächliche Wirtschaftswachstum bei rund 2 Prozent steht. Unserer Meinung nach ist es zwar durchaus möglich, dass das europäische Wirtschaftswachstum positiv überrascht, aber eine Verdopplung ist derzeit nicht abzusehen. Dies allein ist schon interessant. Wenn man es aber in den Kontext der ultralockeren Geldpolitik der europäischen Zentralbank EZB setzt, wird es besonders spannend für den Rentenmarkt. Denn auf der einen Seite bergen die vorgelaufenen Stimmungsumfragen Enttäuschungspotential und auf der anderen Seite werden die Diskussionen um ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik in der Eurozone immer lauter. Das heißt, dass ausbleibende konjunkturelle Impulse die Inflation und mit ihr auch das Zinsniveau nicht nachhaltig nach oben werden drücken können und auf der anderen Seite Gerüchte über möglicherweise restriktivere Geldpolitik kurzfristig Zinsanstiegsdruck erzeugen könnten. Dieser Druck sollte aber wiederum von schwachen Inflationsdaten eingefangen werden. In dieser Gemengelage ist mit hohen Schwankungen am Rentenmarkt zu rechnen. Wir halten deswegen eine konservative Ausrichtung der Rentenportfolios für angemessen und nutzen zeitweilige Renditeanstiege um Anleihen mit längeren Laufzeiten zu kaufen.
Haftungsausschluss:
Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.
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