Ist das Glas halb voll oder doch halb leer?

Das Glas ist halb voll!

Inflationsgeschützte Papiere mit Potential

Schwellenländeraktien profitieren von erwarteter Wirtschaftserholung

 

Autor: Jan Gengel
Finanzmarkt aktuell per 5. Februar 2021
Jan Gengel, CEFA, CIIA, Portfoliomanager

Jan Gengel

Ist das Glas halb voll oder doch halb leer? Treffender kann die zwiespältige Stimmung an den Märkten kaum beschrieben werden. Hoffnungen auf eine Konjunkturbelebung und neue Impfstoffe sind gepaart mit großer Enttäuschung über den schleppenden Verlauf der Impfkampagne und die verhaltene Wirtschaftslage. Optimisten und Pessimisten ringen um die Oberhand. Hinzu kommt eine Unternehmensberichtssaison, die zwar erfreulich ist, jedoch einem alten Muster gleicht – erst geringe Erwartungen wecken, dann mühelos übertreffen. Unsere Interpretation der Gemengelage können Sie in unserer nachfolgenden Publikation lesen.

Das Glas ist halb voll!

Die ersten Wochen des Jahres 2021 zeigen einen durchwachsenen Verlauf an den Kapitalmärkten. Gründe hierfür gab es zur Genüge. So spiegelten die gemeldeten Volkswirtschaftsdaten die verschärften Einschränkungen wider. Aggregiert werden die einzelnen Zahlen in der Gesamtwirtschaftsleistung, dem sogenannten Bruttoinlandsprodukt. Dieses wies zum Jahresende für den Euroraum einen Rückgang von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal und ein Minus von 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf. Je größer die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in den einzelnen Ländern waren, desto negativer war folglich auch die Entwicklung. Dies lässt nichts Gutes für die ersten Monate dieses Jahres erwarten. Sind doch die Maßnahmen in den meisten Ländern über den Jahreswechsel fortgeführt oder wie in Deutschland nochmals verschärft worden. Für die Pessimisten unter uns ist das Urteil „das Glas ist halb leer“ daher nur naheliegend. Unsere Erwartung wird in dieser Sichtweise jedoch weniger widergespiegelt. Zwar führen die länger andauernden Einschränkungen zu leicht geringeren Wachstumsperspektiven, aber dennoch ist weiterhin ein Aufschwung zu erhoffen. So dürfte Deutschland im Jahr 2021 „nur noch“ mit rund 3,5 Prozent statt bisher erwarteten 4 Prozent wachsen. Aber so hohe Zuwachsraten haben wir zuletzt vor 10 Jahren nach der Finanzkrise gesehen. Unser Glas ist daher halb voll und mit dem sich verbessernden globalen Umfeld sogar voller geworden.

Inflationsgeschützte Papiere mit Potential

Die Optimisten sollten sich nicht unterkriegen lassen. Erhalten sie doch auch durch die Notenbanken weitere Unterstützung. Die Europäische Zentralbank (EZB) greift weiter beherzt in den Markt ein und hat im Januar für rund 70 Milliarden Euro Anleihen gekauft. Ihr für die Pandemie geschaffenes Notfallprogramm ist dennoch erst zu rund 44 Prozent ausgeschöpft. Sie hat damit noch genügend Mittel, um den Markt in der aktuellen Phase mit Liquidität zu beruhigen. Bei festverzinslichen Papiere gelingt ihr dies auch sehr gut. Selbst die politischen Querelen in Italien haben nicht zu größeren Verwerfungen geführt. Mit großer Spannung schauen wir daher auf die kommenden Monate und stellen uns bereits heute die Frage: Wie agiert die EZB mit zunehmendem Aufschwung? Aus unserer Sicht wird sie weiterhin aktiv sein, jedoch sollten die Kaufvolumina schrittweise zurückgehen. Dafür spricht auch, dass wir steigende Verbraucherpreise erwarten. Neben den gestiegenen Rohstoffpreisen, einem Konsumstau, der sich entladen könnte, und der erhöhten CO2-Bepreisung von Energie sprechen auch Sonderfaktoren, wie beispielsweise die ausgelaufene Mehrwertsteuersenkung in Deutschland, für höhere Inflationszahlen. Bereits heute können wir diese Entwicklung in einzelnen Wertpapiersegmenten feststellen. Ein offensichtliches Beispiel dafür sind inflationsgeschützte Anleihen. Diese berücksichtigen in ihren Kursen die Erwartungen zu zukünftigen Preisentwicklungen. Aus unserer Sicht hat dieses Rentensegment für die kommenden Monate an Attraktivität deutlich zugelegt, und es bietet sich als Beimischung in einem Rentendepot an.

Schwellenländeraktien profitieren von erwarteter Wirtschaftserholung

Längerfristig bevorzugen wir aber natürlich reale Vermögenswerte wie Aktien, und da lohnt ein Blick auf die aktuellen Unternehmensberichte. Vor allem in den USA zeigt sich ein altbekanntes Muster und dennoch eine Überraschung. So wurden die Erwartungen der Analystenschätzungen wieder einmal übertroffen. Bisher haben erst rund 30 Prozent der Unternehmen des S&P 500 ihre Zahlen gemeldet, jedoch wurden 80 Prozent der Schätzungen übertroffen. Nur wenige Gesellschaften verfehlten die in sie gesetzten Ziele. Ein fast schon übliches Phänomen. Interessant dabei ist, dass höhere Gewinne und Umsätze sich in der Breite aktuell kaum in steigenden Kursen niederschlagen. Im Gegenteil, ist doch die Aktienentwicklung nach Veröffentlichung der Ergebnisse so verhalten wie schon lange nicht mehr. Nach den starken Kursgewinnen der vergangenen Monate sind die Marktteilnehmer etwas vorsichtiger geworden. Wir nutzen das Umfeld, um Adjustierungen im Portfolio vorzunehmen, um von der erwarteten Wirtschaftserholung im weiteren Jahresverlauf stärker zu partizipieren. So erhöhen wir aktuell unter anderem das Gewicht der Schwellenländeraktien. Unsere Beweggründe sind nicht neu, etwa die guten Fundamentaldaten der Unternehmen oder die bessere Entwicklung des Pandemiegeschehens in Asien. Aber zusätzlich sollten Schwellenländeraktien auch von einer globalen Wirtschaftserholung überdurchschnittlich profitieren. Das zeigt sich zunehmend in den globalen Liquiditätsströmen. So gewichten institutionelle Anleger Schwellenländeraktien höher und sorgen für eine größere Nachfrage.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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