Kapitalmarkt blickt optimistisch auf das neue Jahr

Augen zu und durch

Schwellenländer setzen zu dynamischer Erholung an

Kapitalmarkt blickt optimistisch weit ins nächste Jahr hinein

 

Autorin: Hannah Thielcke
Finanzmarkt aktuell per 4. Dezember 2020
Hannah Thielcke, Portfoliomanagerin

Hannah Thielcke

Ist das Glas halb voll oder halb leer? Hier scheiden sich aktuell die Geister. Während auf der einen Seite vor schweren Wintermonaten gewarnt wird, sind die Optimisten in ihren Gedanken schon geimpft und kehren zur Normalität zurück. Wie wir die Situation einschätzen lesen Sie in dieser Ausgabe von Finanzmarkt aktuell.

Augen zu und durch

… wird wohl das Motto dieses Winters. Die Impfstoffe können zwar teilweise sogar noch in diesem Jahr an den Start gehen, jedoch wird es bis zu einer flächendeckenden Verteilung des Impfstoffes noch deutlich länger dauern. Derzeit ist es unsicher, ob die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) noch in diesem Jahr über die Zulassung des Impfstoffs entscheiden wird. In Großbritannien, China oder den USA hat man es etwas eiliger. Hier wurden bereits Impfstoffe per Schnellverfahren zugelassen bzw. soll noch in diesem Monat über eine Zulassung entschieden werden. Anthony Fauci – das US-amerikanische Pendant zu Lothar Wieler – kündigte eine mögliche Herdenimmunisierung bis Mitte 2021 an. Mindestens bis dahin gilt es also durchzuhalten. Insbesondere im industrialisierten Teil der Welt sollte also auch im neuen Jahr noch mit deutlichen Einschränkungen zu rechnen sein. Zwar gehen die Infektionszahlen in Europa mittlerweile wieder zurück, befinden sich jedoch nach wie vor auf hohen Niveaus. Lockerungsmaßnahmen scheinen in dieser Situation deutlich verfrüht bzw. laufen Gefahr, schnell wieder rückgängig gemacht zu werden.
In den USA wird ein erneuter umfassender Lockdown bisher hingegen gemieden, weshalb das Infektionsgeschehen zunehmend außer Kontrolle gerät. In vielen Bundesstaaten befinden sich die Krankenhäuser bereits an ihren Kapazitätsgrenzen und die Fallzahlen übersteigen insgesamt deutlich die Zahlen aus der ersten und zweiten Infektionswelle. Da nun mittlerweile auch wieder die wirtschaftsstarken Regionen betroffen sind, wäre bei einem zweiten Lockdown mit härteren Einschnitten in die wirtschaftliche Erholung zu rechnen. Obwohl wir also noch ein paar schwierige Monate vor uns haben, gab es zuletzt vermehrt positive Nachrichten, die uns auf eine Normalisierung Mitte des kommenden Jahres hoffen lassen. Erst dann wird die Wirtschaft ihre Erholungsdynamik vollends entfalten können.

Schwellenländer setzen zu dynamischer Erholung an

Die enorm erfolgreiche Bekämpfung der Covid-19 Pandemie in Asien verschaffte der Region einen deutlichen Vorsprung in der wirtschaftlichen Erholungsbewegung. Vor allem China ist in vielen Bereichen bereits wieder auf Vorkrisen-Niveaus angekommen und hat die Zeit außerdem dazu genutzt, verstärkt in Zukunftsthemen zu investieren. Aber auch die durch die Pandemie hart getroffenen Schwellenländer wie Brasilien oder Indien konnten zuletzt mit positiven Wirtschaftsdaten aufwarten. Wo Volkswirte lange einen pessimistischen Ausblick gegeben hatten, zeigen sich nun also auch erste Lichtblicke. Die Industrieproduktion in Indien beispielsweise wächst bereits wieder im Jahresvergleich und in Brasilien wird die Wirtschaft durch starke Konsumzahlen sowie Staatshilfen unterstützt. Die Bewegung wird zudem durch positive Erwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate untermauert. Auf der anderen Seite hat dieses Jahr auch viele Sorgenkinder hervorgebracht. So konnten beispielsweise Argentinien, Sambia und Ecuador ihre Staatsschulden nicht mehr bedienen und mussten Restrukturierungsmaßnahmen einleiten. In Mexiko und Russland kommt die Wirtschaft nach wie vor noch nicht richtig in Schwung. Der fiskalpolitische Spielraum lässt vielerorts keine großangelegten Konjunkturpakete zu, die den Haushalten und Unternehmen in der Pandemie unter die Arme greifen könnten. Insgesamt scheint in den Schwellenländern jedoch nun das Schlimmste überstanden. Für das kommende Jahr 2021 gehen Volkswirte trotz der fehlenden Hilfsmaßnahmen von hohen Wachstumsraten aus, die die Volkswirtschaften dann im Jahr 2022 auf ihren ursprünglichen Wachstumspfad zurückführen. Das Tempo der Erholung wird sich innerhalb der Gruppe der Schwellenländer jedoch deutlich unterscheiden. Die übergeordneten Risiken wie erneut stark ansteigende Infektionszahlen oder fehlender Rückenwind durch eine stockende Erholung der globalen Wirtschaft sind zwar nach wie vor existent, fallen jedoch im Lichte der anhaltend neuen Nachrichten zu Impfstoffen zunehmend weniger ins Gewicht. Mit Blick auf das kommende Jahr sehen wir daher Unternehmensanleihen und Aktien der Schwellenländer positiv. Diese werden von der dynamischen wirtschaftlichen Erholung profitieren können und weisen noch vergleichsweise attraktive Risikoprämien beziehungsweise Kurspotentiale auf.

Kapitalmarkt blickt optimistisch weit ins nächste Jahr hinein

Die Impfstoffnachrichten Anfang November führten, wie bereits in der letzten Ausgabe beschrieben, zu einer dynamischen Aufholbewegung der Titel, die es in der Krise bislang besonders schwer hatten. Diese Sektorrotation, weg von bisherigen Gewinnern hin zu den Verlierern der Pandemie, hatte historische Ausmaße. Nachdem nun innerhalb von nicht einmal einem Monat ein gutes Stück der vorherigen Underperformance seit Krisenbeginn aufgeholt wurde, ist die Bewegung nun wieder abgeebbt. Für eine weitere Fortsetzung der Rallye werden nun wohl Tatsachen zum Beispiel in Form von flächendeckenden Impfungen der Bevölkerung benötigt. Auch unter den Anleihen setzt sich dieses Muster fort. Vor allem Hochzinsanleihen konnten Mittelzuflüsse verzeichnen und erlebten ein Schrumpfen der Risikoprämien. Auch Unternehmensanleihen höherer Bonität konnten von einem Rückgang der Risikoaufschläge profitieren, welche sich hier mittlerweile sogar wieder unter ihrem historischen Durchschnitt von 1,29 Prozent bewegen. Gleichzeitig sind die fundamentalen Risiken jedoch weiterhin erhöht. Die Unternehmen sind höher verschuldet als zu Beginn der Pandemie und sind strukturell größeren Risiken in einem unsicheren Wirtschaftsumfeld ausgesetzt. Für Investoren bleibt hier die Frage, ob sie für das eingegangene Risiko noch adäquat vergütet werden. Anleger sollten daher weiterhin sehr selektiv vorgehen. Chancen sehen wir noch im Segment der Wandelanleihen, die mit einem attraktiven Rendite-Risiko-Profil die Möglichkeit eröffnen an der Entwicklung des Aktienmarkts zu partizipieren. Bei Aktien stellen wir uns zwar offensiver auf, um an der Erholung von zyklischen Aktien zu partizipieren, halten gleichzeitig jedoch weiterhin an den Krisengewinnern fest. Zusätzlich ergänzen wir unsere Aktienmandate um Nebenwerte, die im Zuge einer zyklischen Erholung einen Mehrwert erwirtschaften sollten. Wir achten nach wie vor auf die Qualität der Geschäftsmodelle und geraten nicht in Versuchung, vermeintlich günstige Aktien zu kaufen, die am Ende geschwächt aus der Pandemie hervorgehen. Wir gehen zudem allein aufgrund der Technologieaktien weiterhin von einer relativen Stärke des US-amerikanischen Aktienmarkts aus.

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