Autor: Jan Gengel
Finanzmarkt aktuell per 4. Mai 2018
Jan Gengel, CEFA, CIIA, Portfoliomanager
Aufgeschoben ist leider nicht aufgehoben! Dennoch überwiegt die Erleichterung über die gewährte Gnadenfrist der USA, noch keine Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Europäischen Union zu erheben. Hinzu kommt eine geradezu berauschende Berichtssaison der amerikanischen Unternehmen. Beste Voraussetzungen für weiter steigende Aktienkurse – oder trügt der Schein? Lesen Sie nachfolgend unsere Einschätzung zu den aktuellen Entwicklungen.
Wirtschaft – Droht eine Konjunkturdelle?
Nur einen Monat Frist für die EU, um mit den USA eine Einigung im Handel mit Aluminium und Stahl zu erzielen. Dennoch ist die Erleichterung groß. Gelten die drohenden Strafzölle doch als erste Eskalationsstufe in einem möglicherweise unbeherrschbaren Handelskonflikt. Gerade für Deutschland wären die Auswirkungen fatal. Dass in diesem Umfeld die ohnehin zu hohen Vorlaufindikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung nachgeben, wie beispielsweise der viel beachtete ifo-Index, sollte niemanden verwundern. Dass jedoch gleichzeitig die Daten zu Auftragseingängen, Industrieproduktion und zum Konsum in Europa ebenfalls schwächer waren, schürt Unsicherheit. Aus unserer Sicht besteht derzeit aber noch keine Gefahr einer merklichen Wachstumsabkühlung. So waren die zuletzt gemeldeten Daten durch zahlreiche Faktoren ins Negative verzerrt. Und ein gesamtwirtschaftliches Plus der Eurozone von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr im ersten Quartal ist kein Beinbruch. Im Gegenteil, so gibt der solide Aufschwung der EZB genügend Luft für ein behutsames Vorgehen bei der geldpolitischen Neuausrichtung. Und genau dies hat sie auf ihrer Sitzung am 26. April auch gezeigt. So wurden noch keine Signale über ein Ende der Anleihenkäufe im September gegeben, und an der Nullzinspolitik wurde festgehalten. Aus unserer Sicht ist vor 2019 nicht mit einer Zinserhöhung zu rechnen. Anders sieht es in den USA aus. Auch die amerikanische Notenbank (Fed) hat keine Maßnahme ergriffen, jedoch geben die zuletzt gemeldeten Daten genügend Spielraum für weitere Straffungen.
Rentenmarkt – Erstmals wieder 3 Prozent Rendite
Drei Prozent Rendite – leider sind damit nur die Erträge für 10 Jahre laufende amerikanische Staatsanleihen gemeint. Ein vergleichbares Niveau wurde zuletzt im Jahr 2014 markiert. Jedoch nur kurzzeitig, und dies könnte sich nun ändern. Mit der Normalisierung der Geldpolitik in den USA dürften die Erträge für verzinsliche Anlagen auch über einen längeren Zeitraum attraktiv bleiben oder gar noch höher werden. Da unsere heimischen Renditen noch nicht signifikant gestiegen sind, ist der Unterschied zwischen beiden Ländern auf ein Dekadenhoch gewachsen. Aus unserer Sicht verstärkt dies den Druck bei Bundesanleihen und könnte zu weiteren Kursverlusten führen. Dabei gilt: Je länger die Laufzeit, desto größer der mögliche Schaden. Eine defensive Laufzeitenstruktur bei erstklassigen europäischen Anleihen und damit eine geringe Abhängigkeit gegenüber Renditenanstiegen sind weiterhin empfehlenswert.
Aktienmarkt – Berichtssaison übertrifft die kühnsten Erwartungen
Mit der Verabschiedung der Steuerreform in den USA sind die Hoffnungen auf eine glorreiche Berichtssaison für das erste Quartal in die Höhe geschnellt. Aber dass die Unternehmen mit einem Gewinnwachstum von rund 22% aufwarten und alle Erwartungen nochmals überflügeln, grenzt schon an ein kleines Wunder. Solche Ergebnisse in die Zukunft fortzuschreiben, fällt uns zwar schwer, aber auszuschließen ist es nicht. Und das deckt sich derzeit recht gut mit den Erwartungen seitens der Analysten. So werden auch für die kommenden Quartale zweistellige Zuwachsraten geschätzt, aber eben nicht mehr neue Rekordniveaus. Der Markt hat dies aus unserer Sicht nicht ausreichend goutiert. Weitere Kurszuwächse sollten möglich sein. Ein wenig verhaltener sehen auf den ersten Blick die Daten aus Europa und Deutschland aus. Zahlreiche Unternehmen litten unter dem starken Euro im ersten Quartal. Vor allem diejenigen, die über ein hohes Auslandsgeschäft verfügen. Klassischerweise sind dies die großen deutschen Werte. Allerdings relativiert sich durch den Währungseffekt das magere Plus recht schnell. Da wir nicht davon ausgehen, dass der Euro weiterhin zur Stärke gegenüber dem US-Dollar neigt, bestehen gute Chancen für erfreulichere Zahlen in den kommenden Quartalen. Damit verbunden gehen wir von einem möglichen Aufholpotential europäischer Aktien gegenüber ihren amerikanischen Pendants aus.
Haftungsausschluss:
Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.
Ansprechpartner für Journalisten:
Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388
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