Jens Herdack
CEFA, CIIA, Portfoliomanager der Weberbank, im Interview.
Herr Herdack, ETFs sind in aller Munde und werden nahezu überall zum Vermögensaufbau empfohlen. Was unterscheidet sie eigentlich von klassischen Investmentfonds?
ETF ist eine Abkürzung für Exchange Traded Fonds. Während Anleger bei klassischen Investmentfonds Anteile in der Regel von der Fondsgesellschaft erwerben und sie an diese auch zurückgeben, werden ETFs an Wertpapierbörsen gehandelt. Durch den Börsenhandel ist ein Kauf oder Verkauf innerhalb der täglichen Börsenöffnungszeiten zum jeweils aktuellen Kurs möglich. Klassische Investmentfonds bestimmen hingegen nur einmal am Tag einen Preis. Darüber hinaus weisen ETFs in der Regel geringere laufende Kosten aus.
Wenn ETFs günstiger sind und ich sie jederzeit handeln kann, warum sollte ich dann überhaupt einen klassischen Investmentfonds kaufen?
Ursprünglich unterschieden sich ETFs und klassische Fonds durch ihren Investmentansatz. Während klassische Fonds aktiv verwaltet wurden, bildeten ETFs einen Börsenindex passiv nach. Bei aktiven Fonds trifft der Manager auf Basis seiner Investmentphilosophie Anlageentscheidungen. Bei passiven ETFs hingegen wird die Portfoliozusammensetzung unabhängig vom Marktumfeld immer exakt so sein wie in dem zugrunde liegenden Index, zum Beispiel dem Deutschen Aktienindex DAX.
Warum „ursprünglich“? Was hat sich geändert?
Seit einiger Zeit verschwimmen die Grenzen zwischen aktiven Fonds und ETFs. Inzwischen gibt es auch ETFs, die auf einer aktiven Strategie basieren. Im „European ETF Year Book“ des Datenanbieters Lipper werden bereits 72 in Europa zugelassene aktive ETFs gelistet.
Übersichtlicher wird das ETF-Segment dadurch nicht gerade, oder?
Richtig, und es gibt noch weitere Aspekte zu beachten. Nach den anfangs klassischen ETFs, die die Wertentwicklung bekannter Börsenindizes abbildeten, wurden Produkte herausgebracht, die nach bestimmten Kriterien veränderte Indizes nachbildeten. Zum Beispiel wurden die Aktien eines solchen Index nicht mehr nach Marktkapitalisierung, sondern nach fundamentalen Bewertungskennzahlen gewichtet. Hier hat sich eine Vielzahl unterschiedlichster Strategien herausgebildet. Auch das immer größere Interesse an nachhaltigen Anlagen brachte zahllose weitere ETFs hervor.
Wenn ich mit ETFs heute so viele unterschiedliche Strategien kaufen kann, warum brauche ich dann eigentlich noch eine Vermögensverwalterin oder einen Berater?
Genau deswegen. Das Angebot an ETFs ist sehr unübersichtlich geworden. Es gibt inzwischen sogar ETFs mit fast gleichem Indexnamen, aber unterschiedlichen dahinterstehenden Portfolios. Einige Indizes weisen durch hohe Gewichte in wenigen Aktien zudem Klumpenrisiken auf. Zusätzlich haben Investorinnen ganz unterschiedliche Vorstellungen von ihrer Geldanlage. Meist sollten sie ein gemischtes Portfolio aus Aktien und Rentenanlagen aufbauen. Doch welche Aktien- und Rentenindizes in welchen Währungen und Anlagesegmenten passen zur jeweiligen Erwartungshaltung? Um die richtige Mischung aus Aktien, Renten, aktiven Fonds und ETFs zu finden, benötigt der Anleger professionelle Beratung. Gern stehen wir Ihnen als Weberbank mit unserer Expertise zur Verfügung.
Jens Herdack ist Direktor der Weberbank und als Portfoliomanager mit Schwerpunkt Aktien- und Rohstofffonds sowie alternative Investments tätig. 2002 zur Weberbank gekommen, verfügt er über Erfahrung im Wertpapier- und Derivatesegment seit 1998. Als gelernter Bankkaufmann werden seine beruflichen Erfahrungen durch die akademischen Abschlüsse als Diplom-Kaufmann (FH) der HTW Berlin, Certified European Financial Analyst (CEFA) und Certified International Investment Analyst (CIIA®) abgerundet.
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