Japans Notenbank lässt die Märkte zittern

Der perfekte Sturm an den Märkten

Japans Notenbank lässt die Märkte zittern

Totgesagte leben länger – Diversifikation zahlt sich wieder aus

 

Autor: Jens Herdack
Finanzmarkt aktuell per 9. August 2024
Jens Herdack,  CEFA, CIIA, Portfoliomanager

Foto Jens Herdack

In dieser Woche war es nach langer Zeit mal wieder soweit. Die internationalen Börsen erzitterten und mussten deutliche Kursabschläge hinnehmen. Was dazu führte und was Japan damit zu tun hat, das erfahren Sie in der heutigen Ausgabe von Finanzmarkt aktuell:

Der perfekte Sturm an den Märkten

Der Begriff „Perfect Storm“ beschreibt spätestens seit dem gleichnamigen Erfolgsroman von Sebastian Junger und der späteren Verfilmung von Wolfgang Petersen mit George Clooney ein Geschehen, das durch viele gleichzeitig auftretende, unabhängige Ereignisse ausgelöst wird. Von einem perfekten Sturm könnte man insofern auch in den letzten zwei Wochen sprechen. Denn hier kamen so einige Ereignisse zusammen, die die Märkte letztendlich kapitulieren ließen. Da waren zum einen die zuletzt marktdominierenden Tech-Firmen, die den extrem hohen Erwartungen der Analysten mit ihren Quartalsberichten nicht mehr vollends gerecht werden konnten. Zwar wachsen ihre Gewinne nach wie vor in erfreulicher Weise, aber die Märkte hatten die Aktienkurse der Unternehmen zuletzt derart stark nach oben getrieben, dass nur noch perfekte Ergebnisse und Ausblicke diese gerechtfertigt hätten. Daneben kamen immer mehr Sorgen um die US-Konjunktur auf, nachdem der letzte Arbeitsmarktbericht deutlich schwächer als erwartet ausgefallen war. Sofort gewann eine Diskussion an Fahrt, ob die US-Notenbank den richtigen Zeitpunkt für eine Senkung ihres Leitzinses eventuell bereits verpasst hätte und die USA mit ihrer zu restriktiven Geldpolitik in eine Rezession führen könnte. Damit nicht genug, hatte zuvor auch noch die japanische Notenbank (BoJ) eine überraschende Leitzinsanhebung auf 0,25 Prozent beschlossen. Was zunächst nicht viel klingt, ist im historischen Kontext aber ein Paukenschlag. So hatte die BoJ seit 2008 eine nahezu vollständige Nullzinspolitik umgesetzt.

Japans Notenbank lässt die Märkte zittern

Mit ihrer Nullzinspolitik und riesigen Wertpapierkaufprogrammen hatte die BoJ jahrelang gegen die heimische Deflation gearbeitet. Das hatte aber dazu geführt, dass sich die Investoren an die bald schon als selbstverständlich angesehenen niedrigen Kreditkosten gewöhnt hatten. Japan galt lange Zeit als perfekter Markt, um sich nahezu kostenlos Geld zu leihen und in besser rentierliche Anlagen zu investieren. Dieses als „Carry Trade“ bezeichnete Vorgehen geht aber nur so lange gut, wie die Zinsen für das geliehene Geld nicht steigen. Darüber hinaus werden Investoren auch von einer Aufwertung des Yen negativ getroffen, wenn sie das geliehene Geld außerhalb Japans investiert haben und dann für die Kreditrückzahlung teurere Yen zurückerwerben müssen. Mit der Leitzinserhöhung der BoJ wurden die Carry Trades nun von zwei Seiten gleichzeitig getroffen: Steigende Zinsen und ein in der Folge deutlich aufwertender Yen. Bei vielen Carry Trades musste deshalb gleichzeitig die Reißleine gezogen werden, was zu deutlichen Marktverwerfungen führte. Unter anderem musste der japanische Aktienindex Nikkei 225 am Montag mit über 12 Prozent den größten prozentualen Tagesverlust seit 1987 hinnehmen, nur um am nächsten Tag wieder 10 Prozent nach oben zu schießen.

Totgesagte leben länger – Diversifikation zahlt sich wieder aus

Während die Aktienmärkte aufgrund der vielen zusammentreffenden Ereignisse rund um den Globus deutliche Kursverluste hinnehmen mussten, gewannen die Kurse von Anleihen deutlich an Wert. So haben der breite US-Aktienindex S&P 500 seit Mitte Juli ca. 10 Prozent und der auf Technologieunternehmen ausgerichtete NASDAQ 100 Index zwischenzeitlich sogar 15 Prozent verloren. Auch die europäischen Aktien mussten Federn lassen. Gleichzeit stiegen aber beispielsweise die Kurse 10-jähriger Bundesanleihen um 3 Prozent und die von US-Staatsanleihen gleicher Laufzeit sogar um fast 4 Prozent. Für Anleger zahlte sich also ein gut diversifiziertes Portfolio aus Aktien und Anleihen risikomindernd aus. Diesen Effekt haben wir in den Vorjahren, zu Nullzins-Zeiten, schmerzlich vermisst, und einige Marktbeobachter hatten bereits einen Abgesang auf klassische Aktien/Renten-Portfolios gesungen. Während wir die Konsolidierung an den Aktienmärkten noch nicht für beendet halten und in den nächsten Wochen noch mit anhaltender Nervosität der Märkte rechnen, empfehlen wir weiterhin, die noch guten Renditeniveaus bei Anleihen zu nutzen. Sollten die Marktverwerfungen anhalten, so könnten sogar die zuletzt eher geringen Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen wieder auf attraktive Niveaus steigen.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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