Konjunktur: Ruhe vor dem Sturm

Konjunktur: Ruhe vor dem Sturm

Zinserwartungen in den USA: zu viel Optimismus?

DAX: auf und ab mit neuem Allzeithoch

 

Autor: Sören Wiedau
Finanzmarkt aktuell per 9. Mai 2025
Sören Wiedau, CEFA, Portfoliomanager

Sören Wiedau Portfoliomanager

In den vergangenen Wochen erlebten die Aktienmärkte eine ausgeprägte Berg- und Talfahrt. Die Einführung neuer US-Zölle durch Präsident Trump am 2. April führte zunächst zu deutlichen Kursverlusten an den internationalen Börsen. Bereits wenige Tage später sorgten jedoch die Ankündigung einer 90-tägigen Aussetzung der reziproken Zölle, versöhnlichere Töne der US-Regierung gegenüber China sowie das Handelsabkommen mit Großbritannien für eine spürbare Beruhigung der Märkte. Wie sich die Finanzmärkte weiterentwickeln und welche Auswirkungen die laufende Berichtssaison der Unternehmen für das erste Quartal 2025 hat, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“.

Konjunktur: Ruhe vor dem Sturm

Die von US-Präsident Trump ausgelösten Handelskonflikte und Zölle hinterlassen bereits deutliche Spuren. Die Unsicherheit unter Verbrauchern und Unternehmen nimmt weiter zu und belastet insbesondere die Investitionsbereitschaft der Unternehmen sowie das Konsumverhalten. Zölle und steigende Preise schmälern das real verfügbare Einkommen und führen zu einer Abschwächung des Konsums – der wichtigsten Stütze der US-Wirtschaft. Wie stark sich diese negativen Einflüsse auf die Realwirtschaft auswirken, zeigte sich bereits in den aktuellen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das erste Quartal: Das BIP ging auf annualisierter Basis um 0,3 % zurück und verzeichnete damit den ersten Rückgang seit dem ersten Quartal 2022. Auf der anderen Seite präsentiert sich der US-Arbeitsmarkt bislang erstaunlich robust. Im April wurden außerhalb der Landwirtschaft 177.000 neue Stellen geschaffen – mehr als erwartet. Insgesamt rechnen wir angesichts der politischen Unsicherheiten und der eingetrübten Stimmung bei Unternehmen und Haushalten mit einer Stagnation der US-Wirtschaft. Ob eine Rezession vermieden werden kann, hängt maßgeblich davon ab, wie lange die Verhandlungen zwischen den wichtigsten Handelspartnern andauern.

Zinserwartungen in den USA: zu viel Optimismus?

Die US-Notenbank (Fed) befindet sich aktuell in einer herausfordernden Lage. Angesichts der jüngsten Wirtschaftsdaten – anhaltend hohe Inflation und noch halbwegs solide Konjunktur – besteht derzeit wenig Anlass für kurzfristige Zinssenkungen. Entsprechend beließ die Fed den Leitzins in ihrer jüngsten Sitzung unverändert. Die Notenbanker sorgen sich sowohl um die Risiken einer steigenden Arbeitslosigkeit als auch um eine anhaltend hohe Inflation. Aus unserer Sicht wird die Fed zunächst abwarten, wie sich die eingeführten Zölle auf Inflation und Arbeitsmarkt auswirken, bevor sie mit ersten Zinssenkungen die Konjunktur stützen könnte. Die Finanzmärkte haben ihre Erwartungen hinsichtlich des künftigen Zinspfads bereits angepasst und rechnen in diesem Jahr mit bis zu drei weiteren Zinssenkungen. Wir halten dies für zu optimistisch und erwarten im laufenden Jahr keine Leitzinssenkung. Die Importzölle sowie die erwartete Abwertung des US-Dollar dürften aus unserer Sicht zu einer anhaltend hohen Inflation führen und die Fed an ihrem Ziel der Preisstabilität festhalten lassen. Gleichzeitig entwickelt sich die Situation in Europa entgegengesetzt: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins im April bereits zum siebten Mal gesenkt und dabei auf die zunehmenden Konjunkturrisiken hingewiesen. Gleichzeitig ist das Inflationsrisiko durch die Aufwertung des Euros, den Rückgang des Ölpreises und die schwächeren Wachstumsaussichten weiter gesunken. Wir erwarten für dieses Jahr zwei weitere Zinssenkungen der EZB, wodurch sich die ohnehin schon große Zinsdifferenz zu den USA weiter vergrößern dürfte.

DAX: auf und ab mit neuem Allzeithoch

Der deutsche Aktienindex DAX zeigte sich in den vergangenen Wochen äußerst volatil und erreichte zwischenzeitlich sogar ein neues Allzeithoch. Die versöhnlichere Haltung der US-Regierung hat für eine spürbare Beruhigung gesorgt und den Märkten Stabilität verliehen. Die 90-tägige Schonfrist sowie Fortschritte in den Handelsgesprächen nähren die Hoffnung auf zumindest Teilabkommen mit wichtigen US-Handelspartnern. Zusätzlichen Rückenwind lieferte die laufende Berichtssaison für das erste Quartal 2025, die sowohl in den USA als auch in Europa positiv überraschte: Viele Unternehmen konnten ihre starke Entwicklung fortsetzen und die Erwartungen übertreffen. Besonders die großen US-Technologiekonzerne überzeugten mit kräftigem Gewinnwachstum. Erfolgsfaktoren wie digitale Werbung und Cloud-Dienste bleiben weiterhin tragend. Dennoch bleibt die Unsicherheit bei den Unternehmen hoch, und die Ausblicke sind verhaltener. Aus unserer Sicht spiegelt der starke Kursanstieg des DAX bereits einen deutlichen Rückgang der politischen Unsicherheit sowie ein optimistischeres konjunkturelles Umfeld wider. Rückschläge in den Verhandlungen oder enttäuschende Konjunkturdaten könnten jedoch jederzeit zu Korrekturen führen.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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