Egal, wie weit der Weg ist, man muss den ersten Schritt tun.

Pandemie-Hotspots zeigen erste Verbesserungen

Aktienmärkte folgen einem typischen Bärenmuster

Der Weg zurück in den Markt

 

Autor: Daniel Schär
Finanzmarkt aktuell per 9. April 2020
Daniel Schär, Direktor Leiter Portfoliomanagement

Daniel Schär

Egal, wie weit der Weg ist, man muss den ersten Schritt tun. Mit dieser Weisheit Mao Tse-tungs beschäftigen sich nun auch immer mehr Politiker in der COVID-19-Krise. Das Schaffen eines Auswegs, einer Perspektive für die Bevölkerung, wird mit zunehmender Länge der Ausgangsbeschränkungen immer wichtiger. Auch die Kapitalmärkte suchen nach einem Ausweg, können ihn aber im Moment noch nicht eindeutig ausmachen. In diesem „Finanzmarkt aktuell“ beleuchten wir die jüngsten Entwicklungen und fragen nach möglichen Wegen aus der COVID-19 Krise.

Pandemie-Hotspots zeigen erste Verbesserungen

Die Börsen feierten in der letzten Woche die ersten Hoffnungsschimmer nachlassender Wachstumsraten bei den Neuinfektionen in den bisher am stärksten betroffenen Gebieten der COVID-19-Pandemie. So konnte beispielsweise der DAX-Index seit seinem Tief bereits wieder gut 28 Prozent zulegen. Sein US-Pendant, der S&P 500 Index, tat es ihm mit gut 25 Prozent fast gleich. Gleichzeitig sehen sich eine zunehmende Zahl von Staaten überfordert mit den gesundheitlichen aber auch den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. So verzeichnete Spanien einen erneuten Anstieg von Todesfällen in den letzten zwei Tagen, nachdem man zuvor Hoffnung geschöpft hatte, das Schlimmste hinter sich zu haben. Inzwischen haben sich über 90 Länder wegen Finanzhilfen an den IWF gewandt. Hierbei handelt es sich um die wirtschaftlich schwächsten Schwellenländer, die zuletzt historisch hohe Mittelabflüsse ausländischer Investoren hinnehmen mussten. Die Risikoprämien von Schwellenländeranleihen stiegen auf Niveaus, wie wir sie nur nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008 gesehen haben. Mit Sorge betrachten die Investoren die Fähigkeit dieser Länder, ihre Auslandsschulden bedienen zu können. Diese Sorgen dürften sich in den nächsten Monaten vor dem Hintergrund wegfallender Exporteinnahmen noch einmal deutlich verstärken. Auf der anderen Seite gibt es aber auch positive Entwicklungen zu verzeichnen. So hat die Zahl der zuletzt weltweit gemeldeten Neuerkrankungen scheinbar ihr vorläufiges Hoch gesehen und es wurde die niedrigste Zahl neuer Fälle in den letzten 7 Tagen vermeldet. In Italien geht die Zahl der Neuerkrankungen ebenfalls zurück. Vereinzelt werden nun Wege aus der Krise gesucht und teilweise auch schon beschritten. So beginnt Österreich mit ersten Lockerungsmaßnahmen für die Bevölkerung, wenngleich von einer echten Normalisierung noch keine Rede sein kann. Auch die deutsche Industrie würde gerne die Produktion wieder anfahren. Hier ist man bereits in der Planung, mit welchen zusätzlichen Schutzmaßnahmen eine solche Wiederaufnahme der Produktion möglich wäre. Neben Mundschutz und Handschuhen sind hier auch Kunststoffvorhänge in der Diskussion. Solche Überlegungen führen uns vor Augen, dass es keine komplette Aufhebung der Einschränkungen für die Bevölkerung geben wird. Vielmehr werden wir noch einige Monate mit ihnen leben müssen. Zudem liegt eine lange Durststrecke schlechter Wirtschaftsdaten vor uns. Um so wichtiger wird es sein, dass sich die EU-Länder schleunigst auf ein gemeinsames Vorgehen zur Unterstützung ihrer Mitgliedsländer einigen. Ob nun über den Euro-Rettungsschirm ESM, die Europäische Investitionsbank oder über gemeinsame Anleihen. Wichtig ist, dass die EU ihre Wirtschaft weiter unterstützt. Auch die US-Regierung arbeitet an einem Plan zum Wiederanfahren der Wirtschaft. Aber auch dort wird sich der Prozess noch über längere Zeit hinziehen. Von Präsident Trumps Wirtschaftsberatern sind erste Statements zu vernehmen, die von einem möglichen Beginn in 4-8 Wochen sprechen. Bis dahin wird es wichtig sein, insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in den USA für ca. 60 Prozent der Arbeitnehmer stehen, über Wasser zu halten. Deshalb wird im dortigen Kongress mit Hochdruck an einem weiteren 250 Mrd. US-Dollar-Paket zur Unterstützung dieses Wirtschaftssegmentes gearbeitet.

Aktienmärkte folgen einem typischen Bärenmarktmuster

Die Aktienmärkte zeigen ein für Bärenmärkte typisches Verhalten: Einem tiefen Sturz folgt eine deutliche Gegenbewegung. Auch in der Finanzkrise 2009 war ein solches Verhalten zu beobachten gewesen. Aber wie wir aus historischen Krisen wissen, kann sich die Phase eines zunächst orientierungslosen Schwankens der Kapitalmärkte über eine längere Zeit hinziehen. In der Finanzkrise wechselten sich ein halbes Jahr lang in dichter Folge heftige Kursstürze und starke Gegenbewegungen ab. Dabei wurde das eigentliche Markttief erst nach fünf Monaten erreicht. Dementsprechend müssen wir berücksichtigen, dass auch die aktuelle Erholung der Aktienmärkte nur ein Zwischenschritt sein könnte. Im Vergleich mit historischen Krisen wäre es zumindest sehr untypisch, bereits jetzt von einer vollständigen Erholung auszugehen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt eher Phasen von 12 bis zu 60 Monaten, die es dauerte, eine solch schwerwiegende Krise zu überwinden. Dass dem auch diesmal so sein wird, dafür sprechen die vielen negativen volkswirtschaftlichen und Unternehmenszahlen, die in den nächsten Monaten auf uns einprasseln werden. Wir müssen mit einem Rückgang der Unternehmensgewinne zwischen 15 und 30 Prozent rechnen, zumal bereits über 30 Prozent der europäischen Unternehmen ihre Dividenden kürzen bzw. ganz ausfallen lassen wollen. Ihre zuletzt starke Erholung verdanken die Märkte den beispiellosen Hilfsprogrammen der Länder und Notenbanken. Allein die USA haben bisher im Zusammenspiel zwischen Notenbank und Regierung Hilfspakete im Gegenwert von über 4 Billionen US-Dollar bzw. 30 Prozent des amerikanischen Bruttosozialproduktes geschnürt. In Europa wird die Europäische Zentralbank bis Ende des Jahres Anleihen im Gegenwert von einer Billion Euro aufkaufen. Dazu kommen riesige Hilfspakete der europäischen Regierungen.

Der Weg zurück in den Markt

Investoren können wir nur den dringenden Rat geben, die Welt und ihre Investments nicht schwarz-weiß zu sehen. Vor dem Hintergrund der zuvor beschriebenen Schwankungen in einem Bärenmarkt wird es nicht den einen Punkt geben, an dem es angeraten erscheint, sich wieder vollständig im Markt zu engagieren. Vielmehr werden uns die folgenden Meilensteine den Weg zurück in den Markt weisen: Der erste dieser Meilensteine scheint mit den massiven Maßnahmen der Notenbanken und Staaten erreicht. Ebenso war ein Abflachen der Neuinfektionszahlen mit COVID-19 in den letzten Tagen festzustellen. Noch nicht stattgefunden hat hingegen ein Wiederanfahren der Unternehmen und damit eine Stabilisierung der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Auch scheinen die Gewinnschätzungen für die Unternehmen noch bei weitem nicht an die neue Normalität angepasst zu sein. Letztendlich muss auch das Vertrauen der Investoren an die Märkte zurückkehren. Auch das ist bisher kaum festzustellen. So ist der Markt für Unternehmensanleihen weiter zu großen Teilen ausgetrocknet und Papiere können nur in geringem Volumen und unter Akzeptanz hoher Abschläge gehandelt werden. Für Anleger bedeutet das, dass ein schrittweises Zurückkehren mit dem Erreichen dieser Meilensteine angeraten erscheint. Zum Teil wurden bereits attraktive Bewertungsniveaus erreicht und aufgrund der heftigen Marktbewegungen tun sich immer wieder Chancen auf. Dabei sollte man sich auf Unternehmen konzentrieren, die über eine ausreichende Resilienz gegenüber den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Krise verfügen. Hier sehen wir große Unternehmen mit soliden Bilanzen und einer großen Marktdominanz in Segmenten mit starken Markteintrittsbarrieren im Vorteil. In Adaption eines Zitates des französischen Schriftstellers Denis Diderot – „Wenn man einen falschen Weg einschlägt, verirrt man sich umso mehr, je schneller man geht“ – raten wir dabei aber vor dem Hintergrund möglicher weiterer Kursabschläge in den nächsten Wochen zu einem schrittweisen Handeln.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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