Gold markiert neues Allzeithoch

Auf in eine „goldene Zukunft“ – Gold markiert neues Allzeithoch über 2000 US-Dollar

Alternativlose Stützung der Wirtschaft

Liquidität als Brandbeschleuniger sämtlicher Realwerte

Keine neue Verschuldungskrise in den europäischen Peripheriestaaten – EZB sei Dank

 

Autor: Jens Herdack
Finanzmarkt aktuell per 7. August 2020
Jens Herdack,  CEFA, CIIA, Portfoliomanager

Foto Jens Herdack

Erleben wir gerade eine Assetpreis-Inflation? Als diese wird eine Situation bezeichnet, in der nicht die Preise für Dinge des täglichen Lebens steigen, sondern die Preise für Anlagen. Sie ist in der Regel die Folge exzessiver Liquiditätsbereitstellung der Notenbanken und ein implizites Zeichen dafür, dass die Investoren langsam beginnen, an der Werthaltigkeit des gedruckten Geldes zu zweifeln. Was dann passiert und wie es an den Kapitalmärkten weitergeht, lesen Sie in der heutigen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“:

Auf in eine „goldene Zukunft“ – Gold markiert neues Allzeithoch über 2000 US-Dollar

Der Goldpreis kennt in den letzten Tagen kein Halten mehr. Bereits seit einigen Monaten fließen immer mehr Gelder in mit physischem Gold unterlegte sogenannte Exchange Traded Commodities (ETCs). Diese Wertpapiere verbriefen ein Anrecht auf eine bestimmte Menge Gold und lassen den Investor somit an der Wertentwicklung des Edelmetalls partizipieren. So flossen im Juli weltweit so viele Gelder in diese Finanzprodukte, dass deren Emittenten 155 Tonnen Gold und damit die halbe weltweite Produktion des Monats aufkaufen mussten. Das Strömen der Investoren in Gold signalisiert also eine gewisse Grund-Skepsis den aktuellen Maßnahmen der Notenbanken und Staaten gegenüber, die mit deutlich ausgeweiteten Geldmengen und Verschuldungsraten einhergehen. Die Liquiditäts- und Kreditschwemme verursacht also eine Assetpreis-Inflation. In den „normalen“ Inflationsraten ist hingegen bislang keine Preissteigerung erkennbar. Im Gegenteil: In Deutschland ging die Teuerungsrate zuletzt sogar auf 0 Prozent zurück. Da die Zentralbanken und Regierungen weltweit inzwischen Unterstützungsmaßnahmen in einem Volumen von 20 Billionen US-Dollar bzw. 20 Prozent des globalen BIPs beschlossen haben, halten wir es aber für sehr wahrscheinlich, dass weiter deutliche Summen in Gold investiert werden, was den Preis mittelfristig noch deutlich über die 2.000 US-Dollarmarke treiben sollte.

Alternativlose Stützung der Wirtschaft

Dass die Notenbanken und Regierungen weltweit trotz Assetpreis-Inflation handeln müssen, steht aber wohl nach den jüngsten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) außer Frage. So wurde das USA-BIP, dessen Veränderung zum Vorquartal dann in den Statistiken gleich aufs Jahr hochgerechnet wird mit Minus 32,9 Prozent veröffentlicht, was den größten Einbruch seit dem zweiten Weltkrieg darstellt. Im Vergleich zum Vorquartal entspricht dieses einem Rückgang um 9,5 Prozent. Europas Volkswirtschaften mussten noch größere Rückschläge hinnehmen. Mit Minus 10,1 Prozent konnte sich das Deutsche BIP noch vergleichsweise gut halten. Spanien und  Frankreich mussten hingegen Rückschläge um 18,5 bzw. 13,8 Prozent verkraften. Einer Analyse der Europäischen Zentralbank zufolge konnten die Kurzarbeiterregelungen in Europa eine Explosion der Arbeitslosenzahlen zunächst verhindern. Rechnet man diese jedoch mit ein, so läge lt. EZB die Arbeitslosigkeit in Deutschland schon bei ca. 12 Prozent, die in Spanien und Italien jenseits der 20 Prozent und die Frankreichs sogar bei 30 Prozent. Insofern bleibt es für die Regierungen Europas alternativlos, ihre jeweilige Wirtschaft weiter zu unterstützen. Auch in den USA wird um eine Verlängerung der Ende Juli ausgelaufenen Arbeitslosenunterstützung hart gerungen. Am Ende wird sich der Kongress aber wohl auf ein weiteres Stützungsprogramm einigen.

Liquidität als Brandbeschleuniger sämtlicher Realwerte

Die von den Notenbanken bereitgestellte Liquidität wirkt in Kombination mit den Stützungsprogrammen der Regierungen wie ein Brandbeschleuniger für sämtliche Realwerte – also Immobilien, Aktien und eben auch Gold. Der amerikanische S&P-500-Aktienindex steht wieder kurz vor dem Erreichen seines Vor-Corona-Allzeithochs. Zudem hat die Krise die disruptiven Entwicklungen in diversen Branchen beschleunigt. So fehlte klassischen Einzelhändlern außerhalb des Lebensmittelhandels schon vor der Krise häufig ein Konzept, wie sie sich gegen die zunehmende Online-Konkurrenz behaupten sollten. Schaut man auf die aktuell laufende Berichtssaison der Unternehmen, so zeigt sich, dass sich die Dominanz der Internet- und Technologiekonzerne durch COVID-19 nochmals verstärkt hat. Hier konnte der größte Internethändler der USA die Analystenerwartungen im abgelaufenen Quartal um über 580 Prozent übertreffen, und auch andere Technologiekonzerne, wie beispielsweise Betriebssystem- und Cloud-Giganten oder Social-Media-Unternehmen wussten mit ihren Zahlen zu überzeugen. Dementsprechend notiert der diese Technologiekonzerne repräsentierende NASDAQ-100-Index seit Jahresanfang bereits fast 30 Prozent im Plus, während der S&P-500-Index ohne Informationstechnologieunternehmen seit Jahresbeginn sogar im Minus notiert. Auch die europäischen Aktienindizes konnten sich zuletzt sehr positiv entwickeln, wenngleich sie noch nicht wieder das Level ihrer amerikanischen Pendants erreicht haben. Aber im Zuge der anstehenden US-Präsidentschaftswahlen, dem weiter schwelenden Handelskonflikt zwischen den USA und China und dem bisher besseren Umgang mit der Corona-Pandemie in Europa könnten sich die Investoren durchaus auch mal wieder etwas mehr auf Europa konzentrieren. Wir haben deshalb in den von uns betreuten Portfolios das bisher starke Untergewicht europäischer Aktien zuletzt reduziert.

Keine neue Verschuldungskrise in den europäischen Peripheriestaaten – EZB sei Dank

Ähnlich den Aktien entwickelten sich auch die Unternehmensanleihen sowohl im höheren als auch im niedrigeren Bonitätssegment weiter positiv. Den direkten Effekt der Liquiditätsmaßnahmen der EZB können wir weiterhin bei den Anleihen der Peripheriestaaten, wie Italien oder Griechenland, sehr gut beobachten. Dort gehen die Risikoaufschläge, die die Staaten für ihre Schulden bezahlen müssen, nach Ankündigung der Emission gemeinsamer EU-Kommissionsanleihen weiter deutlich zurück. Neben all diesen positiven Entwicklungen sollte aber immer im Hinterkopf behalten werden, dass die Gefahr einer zweiten Coronawelle – oder sind wir schon mitten drin? – besteht. Auch die massiven Goldkäufe signalisieren, dass die Sorglosigkeit der Aktienmärkte immer wieder im Fadenkreuz der volkswirtschaftlichen und fiskalpolitischen Unwägbarkeiten steht und Investoren mithin weiter selektiv und vorsichtig agieren sollten.

Haftungsausschluss:

Diese Darstellung der aktuellen Marktsituation haben wir entweder selbst angestellt oder aus von uns als zuverlässig angesehenen Quellen bezogen. Trotz Anwendung größter Sorgfalt können wir für die Richtigkeit unserer Einschätzungen keine Haftung übernehmen. Diese Darstellung ist nicht als Aufforderung zum Erwerb, Verkauf oder Halten bestimmter Wertpapiere intendiert.

Ansprechpartner für Journalisten:

Pressesprecher Robert Heiduck, (030) 8 97 98 - 388

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