Berliner Bühnen, Galerien und andere geförderte Institutionen müssen im laufenden Jahr empfindliche Etatkürzungen hinnehmen. Doch die Branche zeigt sich entschlossen – und geht neue Wege, auch in der Kommunikation.
Für die Kulturschaffenden Berlins war es ein Schock, die Zahl hallte lange nach: Um rund 131 Millionen Euro sollte der Kulturetat 2025 gekürzt werden, diese Meldung ging im Juni 2024 viral. Im Vorjahr waren es noch rund eine Milliarde Euro. Inzwischen wurde der Haushalt zwar nachgebessert, die Kürzungen sind anders verteilt, manche Härten wurden gemildert, blieben in ihrer Summe jedoch unverändert. Eines hat die Budgetgestaltung des Senats bewirkt: Sie war ein Weckruf für die Berliner Kulturszene.
Mit Fünf großen Schauspiel- und drei Opernhäusern, neun Orchestern sowie zahlreichen freien Kulturinstitutionen, dazu rund 300 Galerien und Events wie der Berlin Art Week oder dem Berlin Gallery Weekend ist die deutsche Hauptstadt international als Kulturmetropole etabliert. Für viele Gäste ist die kulturelle Vielfalt der Hauptgrund, Berliner Luft zu schnuppern. Wie gehen die Kulturschaffenden mit der neuen finanziellen Situation um, welche Optionen sehen sie für die Zukunft?
Oliver Reese © Julian Baumann
Für Oliver Reese bedeutet die aktuelle Situation eine Zäsur. Der Intendant des Berliner Ensembles geht davon aus, dass die Budgets in den kommenden Jahren weiter sinken und nie mehr auf das alte Niveau zurückfinden werden. Was die Branche nachhaltig verändern dürfte: „Wir haben in Deutschland ein einmaliges Theatersystem, unsere Struktur gründet auf einem Ensemble- und Repertoiretheater. Das heißt, dass wir fast täglich etwas anderes im Spielplan anbieten – andere Länder beneiden uns darum. Doch dementsprechend müssen wir auch mehr planen und täglich umbauen – wir beschäftigen also sehr viele Menschen für dieses einzigartig breite Angebot. Es wäre fatal, das aufzugeben.“ Am Berliner Ensemble finden pro Spielzeit rund 900 Veranstaltungen an drei Spielorten statt. Dass die Budgetkürzung von 1,75 Millionen Euro auf rund eine Million Euro zurückgefahren wurde, erleichtert den langjährigen Intendanten ein wenig. Gleichwohl zeigt er seinen Unmut – mit kreativen Aktionen: So hat er eine Übernachtung auf der Bühne bei Ebay versteigern lassen, Frühstück mit dem Intendanten inklusive. Reese setzt auf Kommunikation, auf mediales Echo.
Hamburger Bahnhof - Nationalgalerie der Gegenwart ©
Thomas Bruns
Andere suchen sich Partner in der Wirtschaft. Welche Strahlkraft eine solche Zusammenarbeit entwickeln kann, zeigt die noch junge Kooperation des Hamburger Bahnhofs – Nationalgalerie der Gegenwart mit dem Chanel Culture Fund: Die auf drei Jahre angelegte Partnerschaft unter dem Namen „Chanel Commission im Hamburger Bahnhof“ ist eine jährliche Initiative, die es jungen Künstlerinnen und Künstlern ermöglichen soll, großformatige Projekte zu realisieren. Den Auftakt macht die Ausstellung „Klára Hosnedlová. embrace“, die zum Gallery Weekend eröffnet und von 1. Mai bis 26. Oktober im Hamburger Bahnhof zu sehen ist. Die Schau ist die bislang größte institutionelle Einzelausstellung der tschechischen Künstlerin.
Für Oliver Reese bedeutet die aktuelle Situation eine Zäsur. Der Intendant des Berliner Ensembles geht davon aus, dass die Budgets in den kommenden Jahren weiter sinken und nie mehr auf das alte Niveau zurückfinden werden. Was die Branche nachhaltig verändern dürfte: „Wir haben in Deutschland ein einmaliges Theatersystem, unsere Struktur gründet auf einem Ensemble- und Repertoiretheater. Das heißt, dass wir fast täglich etwas anderes im Spielplan anbieten – andere Länder beneiden uns darum. Doch dementsprechend müssen wir auch mehr planen und täglich umbauen – wir beschäftigen also sehr viele Menschen für dieses einzigartig breite Angebot. Es wäre fatal, das aufzugeben.“ Am Berliner Ensemble finden pro Spielzeit rund 900 Veranstaltungen an drei Spielorten statt. Dass die Budgetkürzung von 1,75 Millionen Euro auf rund eine Million Euro zurückgefahren wurde, erleichtert den langjährigen Intendanten ein wenig. Gleichwohl zeigt er seinen Unmut – mit kreativen Aktionen: So hat er eine Übernachtung auf der Bühne bei Ebay versteigern lassen, Frühstück mit dem Intendanten inklusive. Reese setzt auf Kommunikation, auf mediales Echo.
Felix von Boehm © art/beats
Zurück zur Kommunikation. Während einige Institutionen die klassische PR-Arbeit verstärken, sorgt Felix von Boehm mit Bewegtbildern für mehr Sichtbarkeit. Der Gründer der Berliner Agentur art/beats hat sich auf „kulturelle Kommunikation für Museen, Galerien, Künstler, Auktionshäuser und Firmen der Kunstwelt“ spezialisiert. Für den Produzenten, der Filme wie „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ mit Tom Schilling und „Madame Sidonie“ mit Isabelle Huppert auf die Leinwand brachte, war die visuelle Kommunikation für kulturelle Institutionen und Kunstschaffende ein logischer Schritt. So entstanden am Standort Schöneberg YouTube-Porträts unter anderem für die Staatlichen Museen zu Berlin, die Hamburger Kunsthalle und das Museum Ludwig in Köln. Heute sind es eher die temporären musealen Ausstellungen, die von Boehm mit Videoarbeiten begleitet, wie die Kandinsky-Schau „Kosmos Kandinsky. Geometrische Attraktion im 20. Jahrhundert“, die noch bis zum 15. Mai im Museum Barberini in Potsdam gezeigt wird.
Instagram werde für Kulturschaffende ein immer wichtigeres Medium, sagt der Inhaber von art/beats. Derzeit produziert er einen Beitrag für die Staatlichen Museen zu Berlin mit dem Titel „Take a -Second Look“. Neben Museen zählen Galerien wie Sprüth Magers oder Esther Schipper zu seinen Kunden, am meisten aber, so sagt der Produzent, begeistere ihn die Zusammenarbeit mit Künstlern und Künstlerinnen. Das scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen: Seine Reihe „Studio-visits“ umfasst Besuche bei international bekannten Kunstschaffenden wie Alicja Kwade, Julius von Bismarck oder Leiko Ikemura.
Dass Kommunikation wirkt, zeigt sich nun auch in der Politik. Der Erste Bürgermeister Kai Wegner hat Verantwortliche der Berliner Kulturwirtschaft zum persönlichen Austausch eingeladen. Oliver Reese vom Berliner Ensemble hat die Einladung angenommen.
Foto: © Markus Hilbich
Text: Daghild Bartels
Datum: März 2025
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