© CROSSLUCID
Das Werk „The Way of Flowers“ des Künstlerkollektivs Crosslucid in den Räumen von OFFICE IMPART Photo: Marjorie Brunet Plaza
Die Berliner Galerie OFFICE IMPART schafft hybride Ausstellungsräume, um virtuelle Arbeiten erlebbar zu machen. Ein Gespräch mit Gründerin Johanna Neuschäffer über die Chancen, den Kunstmarkt mitzugestalten.
Frau Neuschäffer, was hat Sie 2018 dazu gebracht, mit OFFICE IMPART ein alternatives Galeriemodell zu gründen?
Als wir 2018 OFFICE IMPART gründeten, brachten Anne Schwanz und ich bereits elf gemeinsame Jahre Erfahrung aus einer internationalen Berliner Galerie mit. Wir wussten also sehr genau, was es bedeutet, eine Galerie zu führen. Unsere eigentliche Herausforderung bestand damals darin, die bestehenden Strukturen des Kunstmarkts kritisch zu hinterfragen und zu überlegen, wie sich durch zeitrelevante Themen wie Digitalisierung neue Perspektiven und Arbeitsweisen eröffnen lassen.
Sie sprechen oft davon, den Kunstmarkt mitzugestalten. Was heißt das konkret für Ihre tägliche Arbeit?
Als Galeristinnen bewegen wir uns zwischen den Kunstschaffenden und einem vielfältigen Gegenüber – Sammlern, Museen, Institutionen, Presse und natürlich auch der breiten Öffentlichkeit. Unsere Aufgabe und zugleich Leidenschaft ist es, das Werk zu vermitteln, über seine Inhalte zu sprechen, die Karrieren der Künstlerinnen und Künstler zu begleiten und mit aufzubauen. Mitgestaltung bedeutet für uns, flexibel und offen für unterschiedliche Formate zu bleiben. In unserer Galeriearbeit interessiert uns besonders, wie die technologischen Entwicklungen unsere Gesellschaft verändern, welche Themen sich dadurch ergeben, wie sich ein neues Selbstverständnis zwischen dem Digitalen und Analogen herausbildet und multidimensionale Räume entstehen, in denen Kunst gezeigt und erlebt werden kann.
Was genau verstehen Sie unter „hybriden Ausstellungsräumen“?
Die Gleichzeitigkeit von analogem und digitalem Raum ist ausschlaggebend für unser Verständnis. Sie intelligent miteinander zu verknüpfen und Kunst zeitgemäß zu zeigen, das sehen wir als eine spannende Herausforderung. Die Ausstellungen in unseren Berliner Galerieräumen, die wir physisch präsentieren, zeigen oft Künstler, die sich ganz selbstverständlich in beiden Welten bewegen und diese für ihre Arbeiten nutzen. Wie aktuell das Künstlerkollektiv Crosslucid mit „The Way of Flowers“, in der eine KI-generierte hybride Pflanze durch Spenden der Community an reale Biodiversitätsprojekte wächst. Oder die Lyrikerin und Künstlerin Ana Maria Caballero: Mit ihrer Ausstellung „Echo Graph“ schafft sie es, durch das Arbeiten mit verschiedenen Technologien ihre Gedichte als Kunstwerke erfahrbar zu machen.
Sie sagen, Kunst müsse auch auf dem Smartphone stattfinden. Wie verändert das die kuratorische Entscheidung?
Das Smartphone spielt heute eine große Rolle dabei, wie Menschen Kunst rezipieren und wahrnehmen – sei es über Social Media, digitale Plattformen oder ganz einfach die Handyrecherche. Für uns bedeutet das nicht zwangsläufig, kuratorische Entscheidungen an der Bildschirmlogik auszurichten, aber Formate zu entwickeln, die analog wie auch digital funktionieren. Eine Ausstellung bleibt ein physisches Erlebnis, doch digitale Erweiterungen – etwa eine sehr gute Onlinedokumentation, Videos, Interviews oder virtuelle Rundgänge – sind oft der erste Berührungspunkt mit der Ausstellung vor einem Besuch und eröffnen zusätzliche Ebenen der Vermittlung. Natürlich ergibt sich somit auch die Möglichkeit, für ein breiteres Publikum zugänglich zu sein.
Was macht einen digitalen Künstler heute interessant – technische Innovation oder erzählerische Haltung?
Für mich macht heute vor allem die Verbindung beider Ebenen eine Künstlerin, einen Künstler interessant. Technische Innovation ist spannend, wenn sie neue Möglichkeiten eröffnet – sei es durch generative Algorithmen, KI oder Blockchain. Aber reine Technik reicht nicht, wenn sie Selbstzweck bleibt. Entscheidend ist, dass eine erzählerische oder konzeptionelle Haltung erkennbar wird und die Technologie nur genutzt wird, um dies auszuformulieren.
Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre: mehr Neugier, mehr Mut oder mehr Struktur im digitalen Kunstmarkt?
Es ist vor allem Neugier, die uns antreibt – und genau deshalb arbeiten wir mit Kunstschaffenden, deren Praxis den heutigen Wandel reflektiert und Visionen von morgen entwirft.
Text: Christian Bracht
Datum: Oktober 2025
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