Mona Ghazi © Alina Simmelbauer / https://www.alinasimmelbauer.com
Von einer Kindheit voller Neugier bis zur Karriere, in der sie Grenzen sprengt: Mona Ghazi beeindruckt mit ihren Ideen, aber vor allem durch die Kraft, mit der sie sie verwirklicht. Die Frau, die mit 16 ihre erste Softwarefirma gründete, gibt diese mentale Stärke heute an Unternehmer weiter – gestützt auf Erkenntnisse ihres Neuropreneur Institute.
Bei Leonardo da Vinci stellt man sich vor, wie er Denker und Künstler im Italien des 15. Jahrhunderts inspirierte. Doch die Kraft des Universalgenies wirkte ebenso auf ein Mädchen, das vor 21 Jahren in Siegen zur Welt kam. Mona Ghazi beschreibt mit strahlenden Augen, wie sie als Vierjährige im Leonardo-da-Vinci-Museum in Florenz stand und beschloss, Erfinderin zu werden. „Ich wollte mit ihm arbeiten, doch ich verstand nicht, dass er längst tot war.“ Es waren nicht nur die Schöpferkraft des Mannes, der Künstler, Ingenieur, Mathematiker und Denker zugleich war, die sie begeisterte. Den Funken entzündete ihre Mutter, als sie erzählte, dass Monas Großvater selbst Erfinder gewesen war. Seitdem wusste Mona Ghazi: Sie wollte ihre Welt selbst gestalten. Doch der Weg dorthin war weit – und keineswegs gerade.
Bereits in der Grundschule fällt Mona auf. Aber nicht durch hervorragende Noten, sondern durch ihre „Null-Bock-Einstellung“, wie sie lachend erzählt. Dahinter steckt permanente Unterforderung, die psychosomatische Folgen nach sich zieht: „Ich habe eine Glutenunverträglichkeit entwickelt, weil ich mich so sehr langweilte. Als ich die Schule wechselte und meine intellektuelle Energie einsetzen konnte, verschwand das Problem.“ Aufgrund ihrer mittelmäßigen Leistungen raten die Lehrer vom Wechsel auf das Gymnasium ab, doch die Eltern widersprechen. Mona beschließt, ihren neuen Lerneifer unter Beweis zu stellen. „Ich wollte die Beste sein und habe mich in die Struktur eines jeden Fachs hineingearbeitet, bis ich sie verstanden hatte. Innerhalb von Monaten hatte ich nur noch Einsen.“
Das Tempo, das sie dabei vorlegt, ist bemerkenswert: zwei übersprungene Klassen, ein BWL-Studium an der Fernuniversität Hagen mit 14, parallel zum regulären Schulunterricht – und die erste Unternehmensgründung mit 16 Jahren. Der persönliche Preis für diesen Erfolg sei hoch gewesen, sagt Mona Ghazi: „Ich habe durch das Klassenspringen meine sozialen Kontakte verloren und wurde an der neuen Schule gemobbt. Es war eine einsame Zeit.“ Doch statt aufzugeben, macht sie weiter. Sie beschreibt sich als neugiergetrieben, als jemand, der Herausforderungen sucht und sie überwinden will.
Die 16-Jährige hat einen vollen Terminkalender, jongliert zwischen Schule und Universität. Und sie erfindet ihre erste App. Dass es dabei um Zeitorganisation geht, hat einen persönlichen Hintergrund: „Ich habe mich gefragt, warum ich immer mehr Zeit für Freunde hatte als andere, obwohl ich so viel um die Ohren hatte. Ich wollte mein System teilen.“ Es ist der Beginn einer Serie von Projekten, die immer auf den gleichen Kern abzielen: anderen Menschen das Lernen, Verstehen und Handeln zu erleichtern.
Dino Solutions heißt das Unternehmen hinter der App, das sie 2019 an den Start bringt – auf ihre eigene, pragmatische Weise. „Mit 16 Jahren konnte ich kein Gewerbe ohne die Zustimmung meiner Eltern anmelden. Also habe ich gegoogelt, welche gesetzlichen Möglichkeiten es gibt, und mit Anwälten gesprochen.“ Am Ende hat Mona Ghazi nicht nur die Zustimmung ihrer Eltern, sondern auch die der heimischen Sparkasse, wo sie als jüngste Geschäftskundin der Filiale ein Konto eröffnet. „Ich musste lernen, wie Netzwerken funktioniert, wie man Ämter überzeugt. Es war wie ein Spiel, bei dem man jede Woche ein neues Level erreicht.“ Die unorthodoxe Herangehensweise wird zu Mona Ghazis Markenzeichen.
Bei einem Hackathon mit Industrieunternehmen erfindet sie ihre zweite App, Optimo, die Mitarbeitern in der Produktion und Logistik beim Lernen und Onboarding helfen soll. „Die größte Herausforderung war, das wahre Problem zu identifizieren. Viele Unternehmen wissen gar nicht, woran es eigentlich hapert. Erst nach vielen Interviews und Analysen konnte ich verstehen, dass es um die Wissensweitergabe geht, wenn Mitarbeiter in Rente gehen, oder um schnelle Schulungsprozesse.“ Die App trifft den Nerv der Zeit, Ende 2023 verkauft Mona Ghazi das drei Jahre zuvor gegründete Unternehmen an den Logistiker Fiege.
Der berufliche Erfolg hat seine Schattenseiten. Mit Anfang zwanzig erleidet Mona Ghazi einen Burn-out. Die Ansprüche an sich selbst, das ständige Streben nach Höchstleistungen haben ihren Preis. „Arbeit wurde zu meiner Kompensationsstrategie. Je mehr ich arbeitete, desto wertvoller fühlte ich mich.“ Die Unternehmerin zieht sich für zwei Monate in eine Burn-out-Klinik zurück – findet dort jedoch keine nachhaltige Lösung für sich. Stattdessen beginnt sie, sich intensiv mit Neurowissenschaften und Hypnose zu beschäftigen. „Ich wollte verstehen, warum manche Methoden mir halfen und andere nicht. Das war der Beginn meiner Leidenschaft für das Unterbewusstsein.“
Ihre Forschungen zu dem Thema münden Anfang 2024 in der Gründung des Neuropreneur Institute, das High Performern wie ihr dabei hilft, mentale Gesundheit und berufliche Spitzenleistung zu vereinen. „Ich habe erkannt, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer die gleichen Probleme haben wie ich. Und dass ich ihnen helfen kann, Balance zu finden.“ Das Institut verbindet neurowissenschaftliche Erkenntnisse mit Hypnose und Neurocoaching, um Unternehmern zu helfen, ihre emotionale Resilienz zu stärken. Dabei betont Mona immer wieder, dass es um nachhaltige Gesundheit gehe, nicht um eine kurzfristige Verbesserung. „Ich sehe mich als Mentorin, die Menschen darin unterstützt, nicht nur leistungsfähiger zu sein, sondern sich dabei auch wohlzufühlen.“
Heute definiert Mona Ghazi Erfolg anders als noch vor einigen Jahren. „Es geht nicht mehr darum, Ziele zu erreichen. Es geht darum, gesund zu sein, gute Beziehungen zu haben und kontinuierlich zu lernen.“ Sie habe gelernt, weniger strikt zu planen und stattdessen Raum für Intuition zu lassen. Rituale wie ihr „Joy Journal“, in das sie jeden Abend vor dem Einschlafen zehn Dinge schreibt, die sie an diesem Tag zum Lächeln gebracht haben, helfen ihr, den Fokus auf das Positive zu lenken. Gleichzeitig habe sie gelernt, Selbstzweifel nicht als Schwäche zu sehen, sondern als Einladung zum Innehalten. „Ich frage mich, woher sie kommen, und arbeite dann gezielt an ihnen. Es ist eine Reise zu mir selbst, die nie endet.“
Deshalb kann ihre Botschaft an junge Menschen, die unsicher sind, kaum klarer sein: „Fragt euch, was ihr wirklich wollt, ohne Rücksicht auf Geld, Zeit oder Konventionen. Und dann arbeitet an den Selbstzweifeln, die euch daran hindern.“ Die Welt sei herausfordernd, aber voller Chancen für alle, die sich selbst vertrauen. Was bedeutet das für ihre eigene Zukunft? In zehn Jahren, sagt Mona Ghazi, sehe sie sich weiterhin als Unternehmerin. Dann sei da noch ihr Wunsch, irgendwann Mutter zu werden. „Ich glaube, Kinder verändern dich. Und ich freue mich darauf, von ihnen zu lernen.“ Mona Ghazi ist eine Frau, die nie aufhören wird, neugiergetrieben zu sein, voller Durst nach Wissen über sich selbst, andere Menschen und die Welt um sich herum. Und ihre Geschichte zeigt, dass es nur einen Weg zum Erfolg gibt – jenen, den wir uns selbst schaffen.
Text: Christian Bracht
Foto: © Alina Simmelbauer
Datum: März 2025
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