Leidenschaft für das Facility-Management

Fast dreißig Jahre lang bestimmte Christian Kloevekorn die Geschicke bei dem Berliner Gebäudemanagement-Unternehmen Gegenbauer mit. Nach dessen Fusion mit dem Apleona-Konzern 2023 wurde er zum Chief Operating Officer. Für sein Engagement bei der Integrationsaufgabe müssen Privatleben und Konzertbesuche aktuell zurückstehen.

SIND IMMOBILIENDIENSTLEISTUNGEN EIN TROCKENES THEMA? Wer das meint, hat noch nicht mit Christian Kloevekorn gesprochen. „Der Reiz der Branche ist ein immens hoher Freiheitsgrad in dem, was wir täglich tun“, sagt der 58-Jährige ruhig und entschieden, während er die Hände ein wenig vom Tisch hebt. „Ich mache nie das Gleiche“, erklärt er und betont leicht das „nie“. Um dann aufzuzählen, wo das Facility-Management des Apleona-Konzerns überall zu finden ist: Gesundheitspflege, Luftfahrt, Industrie, Krankenhäuser, Verwaltung, Universitäten. „Wir sind in der Wertschöpfung in wirklich allen Segmenten der bundesdeutschen Wirtschaft mit deren unterschiedlichen Anforderungen vertreten. Das empfinde ich als zutiefst spannend“, so Kloevekorn, der als COO von Apleona sämtliche infrastrukturellen Leistungen wie Reinigung, Sicherheit und Objektbetreuung in Deutschland verantwortet. Die Arbeit sei wahnsinnig aufregend, manchmal auch aufreibend. „Aber eigentlich sind wir alle – umgangssprachlich ausgedrückt – Servicejunkies. Diesen Job lieben oder hassen Sie.“ Immer im Blick: der Auftraggeber. „Wenn der Kunde zufrieden ist, wird auch der Vertrag verlängert“, so die Gleichung des Managers.

ALS KLOEVEKORN DEN JOB ZU LIEBEN BEGANN, GAB ES FACILITY-MANAGEMENT NOCH GAR NICHT. Man sprach vom Gebäudeservice. So auch in der Piepenbrock-Gruppe in Osnabrück, in der Diplom-Kaufmann Kloevekorn nach seinem Studium der European Business Studies seine Karriere im Bereich Marketing 1993 startete. Schon davor hatte der in Ahrensburg bei Hamburg geborene Kloevekorn intensiv in die Arbeitswelt hineingeschnuppert. Während die Freunde Sommerurlaub machten, ging er mehrmals für sechs Wochen nach London zu einem Schiffsmakler. Schon sein Vater war Reedereikaufmann gewesen. Zu jener Zeit habe er noch Telexe schreiben, Lochstreifen lesen und Handlangerjobs erledigen müssen, erzählt Christian Kloevekorn lächelnd. „Mir hat das viel Spaß gemacht, und ich habe sehr gut Englisch gelernt.“ Dieses Erfolgsrezept wendete er auch auf die französische Sprache an. Vor dem Studium arbeitete er ein halbes Jahr im Hafen von Marseille für einen Schiffsausrüster. Vom Kapitän oder Ersten Offizier der anlegenden Schiffe nahm er Bestellungen für Ersatzteile, Lebensmittel, Zigaretten an und gab ein Angebot für die Lieferung ab. „Da habe ich richtig viel Französisch gesprochen. Am Ende war es fast so gut wie mein Englisch.“ Als sich später an der Fachhochschule Osnabrück die Möglichkeit ergab, in Frankreich zu studieren, zog es Kloevekorn für ein Jahr dorthin und mehrmals auch wieder nach London.

BESTE VORAUSSETZUNGEN FÜR EINEN IN EUROPA TÄTIGEN KONZERN WIE APLEONA.
Doch vor seiner heutigen Tätigkeit legte Kloevekorn eine steile Karriere im Berliner Traditionsunternehmen Gegenbauer hin. Dort bekleidete er seit Ende 1994 verschiedene Leitungs- und Geschäftsführerposten, war Mitglied im Vorstand und zuletzt drei Jahre lang Co-CEO der Gesamtgruppe. In dieser Zeit wurde aus dem Gebäudeservice das Facility- Management. Das Geschäft der Treppenhausreinigung, des Hausmeisterservices, der Grünpflege, des Winterdienstes wuchs ebenso wie die Dienstleistungen rund um Sicherheit, Healthcare oder Luftfahrt. Kloevekorns hatte dabei ein Faible für die Reinigung: Um Schulen besser sauber zu halten, regte er Public-private-Partnerships an. Die Branche professionalisierte sich: „Es gibt das Vorurteil, dass man für die Gebäudereinigung nur einen Putzlappen und einen Eimer braucht“, sagt Kloevekorn. „Das mag vielleicht vor dreißig, vierzig Jahren so gewesen sein. Heute sind das effizient durchorganisierte Prozesse.“ Längst gehört es zum Standard, Chemikalien, Wasser und Strom zu sparen.

Das 1925 gegründete Familienunternehmen Gegenbauer stieg in jener Zeit in die Top fünf der deutschen Facility-Dienstleister auf. Er habe in dem dynamisch wachsenden Unternehmen nie das Bedürfnis verspürt, „noch mal irgendwo anders aufzuschlagen“, sagt Kloevekorn. Denn: „Es gab immer die nächste brutale, positive Veränderung im Konzern, immer auch verbunden mit der Möglichkeit, relativ schnell aufzusteigen.“ In all den Jahren wuchs die persönliche Beziehung zu Haupteigentümer Werner Gegenbauer und dessen Familie. Das schweiße natürlich zusammen, sagt Kloevekorn. So überraschte es nicht, dass Kloevekorn als einziges Gegenbauer-Vorstandsmitglied nach der im Juli 2023 vollzogenen Fusion mit Apleona in das neue Managing Board des Konzerns wechselte.

DEN BRANCHENELEFANTEN MANAGT KLOEVEKORN JETZT MIT. Zwar verschwand der Name Gegenbauer vom Markt, die Gesellschafter der Gegenbauer-Gruppe, unter anderem die Töchter, sind aber mit zwanzig Prozent Apleona-Gesellschafter geworden. Damit sei eine langfristige, verantwortungsvolle Perspektive geschaffen worden, die auch die Arbeitsplätze sichere, betont Kloevekorn. Gleichwohl sei das für alle sehr herausfordernd: „Zwei sehr unterschiedliche Welten prallen aufeinander. Das ist schon ein klarer Kulturwandel, wenn ein Familienunternehmen und ein internationaler Private-Equity-Konzern zusammengehen.“ Durch die Fusion wurde Apleona zum europäischen Branchenprimus mit 40 000 Beschäftigten, der Umsatz betrug 2023 rund 3,59 Milliarden Euro. „Apleona war bei der Fusion 2,7-mal so groß wie Gegenbauer“, rechnet Kloevekorn vor. Das schlage sich natürlich in den Strukturen nieder. „Meine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass wir vernünftig in der neuen gemeinsamen Heimat ankommen.“ Er sehe sich als Stabilitätsanker für die Gegenbauer-Beschäftigen, aber auch für die Kundschaft. „Ich fühle mich in besonderem Maß zuständig für die 20 000 Menschen und die fast eine Milliarde Umsatz, die Gegenbauer in die Fusion eingebracht hat. Das ist verpflichtend.“

INTERESSEN WIE SCHLITTSCHUHLAUFEN, EISHOCKEY ODER BASKETBALLSPIELEN FALLEN DABEI FLACH. Das sei aber vorher schon so gewesen. „Ich habe für Hobbys oder Vereinssport keine Zeit. Mein Hobby ist meine Familie“, sagt Kloevekorn, der mit einer Französin verheiratet ist, die er während des Studiums in Frankreich kennenlernte. Das Paar hat drei erwachsene Kinder. „Wenn ich bei der Arbeitsbelastung sagen würde, ich laufe einen Marathon und trainiere dafür, dann würde mich meine Frau gar nicht mehr sehen. Der Deal war immer, dass ich mir zeitintensive Hobbys spare.“ Auch Konzerte der Toten Hosen, der Ärzte oder in der Philharmonie seien während der Fusion nicht drin gewesen. So sehr die Ausstellungen im Potsdamer Museum Barberini ihn gereizt hätten, seine Dauerkarte blieb ungenutzt. Kein Wunder, ist er derzeit doch die Hälfte des Monats am Apleona-Konzernsitz in Neu-Isenburg bei Frankfurt am Main. Die „Integrationsaufgabe“ für beide Unternehmen stelle sich noch bis Ende nächsten Jahres, schätzt Kloevekorn.

NICHT MECKERN, SONDERN SICH ENGAGIEREN. Wichtig sind Kloevekorn außerdem ein paar weitere Aktivitäten: „Ich habe für mich entschieden, zwei bis drei Ehrenämter zu machen, als wichtiges bürgerschaftliches Engagement für die Gesellschaft.“ Kloevekorn ist Vizepräsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und seit 2016 Verhandlungsführer der Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen für die Gebäudereinigung. „Man kann als Wirtschaftsführer nicht nur über die Politik schimpfen, sondern muss auch versuchen, Gesprächsoptionen zu bieten – und natürlich auch unsere Interessen und Lösungsvorschläge einzubringen“, sagt er. „Das geht nur über Dialog.“ In den Tarifverhandlungen für die rund 700 000 Beschäftigten der Gebäudereinigung in Deutschland, die seit Juni laufen, setzt Kloevekorn auf sein diplomatisches Geschick und seine gute Vernetzung in der Branche sowie aus dem bürgerschaftlichen Engagement. Langeweile ausgeschlossen.

Text: Marcus Müller
Foto: © Paula Winkler
Datum: September 2024

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