Umweltfreundlich bauen mit klimaneutralem Beton

SELBST ZU GRÜNDEN SEI EIGENTLICH NIE SEIN ZIEL GEWESEN, sagt Dr. Mario Schmitt, „aber
es gibt Themen, die unternehmerische Lösungen erfordern“. Zum Beispiel der Umweltschutz und dabei ganz konkret der Abbau von CO2-Emissionen. Mit diesem Thema setzt sich der Wirtschaftswissenschaftler bereits seit Jahren auseinander. „In meiner Zeit als Berater habe ich immer wieder Projekte betreut, die sich um Dekarbonisierung drehten“, sagt Schmitt, „doch mir fehlte die Umsetzung. Ein Start-up war für mich der Hebel, um über die Empfehlung hinaus etwas zu bewegen.“ Er wolle die Transformation zur umweltverträglichen Wirtschaft vorantreiben und habe sich deshalb bewusst für einen der größten Verursacher von CO2-Emissionen entschieden: die Baubranche. „Die Herstellung von Zement und Beton macht rund acht Prozent der weltweiten Emissionen aus“, sagt Schmitt.

Seine Vorstellungen davon, wie sich dies ändern lässt, nehmen Fahrt auf, als er Micheil Gordon kennenlernt. Der Ingenieur und Umweltwissenschaftler begeistert ihn für Biokohle und ihre Fähigkeit, Emissionen aus dem natürlichen Kohlenstoffkreislauf zu verhindern. Daraus wächst die Idee, durch Biokohle Beimischungen in gewöhnlichem Beton CO2 zu speichern – bis zu 1000 Jahre lang. Mit Steff Gerhart, Beraterin und Expertin für die Vermarktung nachhaltiger Geschäftsmodelle, bringen Mario Schmitt und Micheil Gordon
im September 2021 ecoLocked an den Start.

UM DIE BIOKOHLE HERZUSTELLEN, werden organische Reststoffe – etwa Holzreste aus dem Sägewerk, landwirtschaftliche Abfälle, Rückstände aus der Lebensmittelindustrie oder Klärschlamm – mittels Pyrolyse auf eine Temperatur zwischen 700 und 1000 Grad Celsius erhitzt. „Das geschieht unter Sauerstoffausschluss“, sagt Schmitt. „Dabei wird der Kohlenstoff in eine stabile Form gebracht.“ Das während des Prozesses entstehende Gas kann zur kommunalen Wärmeversorgung genutzt werden oder um lokale Industrieanlagen mit Wärme zu versorgen. ecoLocked wiederum bezieht verschiedenste Biokohlen und wandelt diese in passgenaue Additive für die Baubranche um. Damit, so der Co-Gründer und CEO von ecoLocked, könne nicht nur der Einsatz von konventionellen Zutaten wie Zement und Sand reduziert, sondern durch die zusätzliche CO2-Speicherung auch zertifiziert klimaneutraler Beton hergestellt werden. Das Start-up bietet Produkte sowohl für Fertigteile wie Pflastersteine als auch für klassischen Transportbeton an – in Deutschland und ganz Europa. Der nächste Schritt ist bereits in Planung: „Achtzig Prozent der künftigen Bauprojekte werden im globalen Süden stattfinden. Es ist unser langfristiges Ziel, dort aktiv zu werden.“

Fotos: © Audacious Studios
Text: ecoLocked
Datum: September 2024

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